Der zweite Teil der Agentenfarce bietet eine Wiederauferstehung, einige neue Charaktere und viele lustige Einfälle – leidet aber bereits unter ersten Verschleißerscheinungen.

Stuttgart - Alles auf der Welt muss zu einem Ende kommen; die Popkultur freilich ignoriert diese Gewissheit regelmäßig. „Das ist nicht das Ende, sondern höchstens das Ende vom Anfang“, versichert die Stimme von Harry Hart (Colin Firth) zum Schluss von „Kingsman 2“ – eine witzige Pointe, denn im furiosen Finale des ersten Teils wurde Harry Hart, Gentleman, Mentor und Weltenretter, durch einen Kopfschuss seines Widersachers Valentine (Samuel L. Jackson) niedergestreckt und verstarb mutmaßlich. Schon damals war klar, dass es trotzdem ein Wiedersehen mit dem fiktiven britischen Geheimdienst geben würde. Harry Hart hatte ja einen jungen Mann namens Eggsy Unwin (Taron Egerton) direkt aus der Londoner Gosse in ein Trainingscamp für zukünftige Agenten geschickt und damit schon vor seinem vermeintlich letzten Gefecht den Staffelstab an den Nachwuchs weitergegeben.

 

Das neue Abenteuer beginnt also ohne Harry, der aber – soviel sei verraten – auf wundersame Weise wiederaufersteht. Harrys Protegé Eggsy hat sich inzwischen zum Agentenprofi gemausert und ist mit Prinzessin Tilde (Hanna Alström) liiert. Vor dem als Schneiderladen getarnten Kingsman-Hauptquartier stolpert er über einen totgeglaubten Widersacher, der Eggsy erst in eine rasante Verfolgungsjagd quer durch London verwickelt und anschließend in komplizierte Ermittlungen.

Der Angreifer arbeitet für die Drogenkartellschefin Poppy (Julianne Moore), die sich im kambodschanischen Urwald ein amerikanisches Kleinstadtidyll im Stil der Fünfziger geschaffen hat. Von dort versorgt sie mit ihrem „Golden Circle“ die Welt mit harten Drogen. Das Zeug entfaltet bei den Konsumenten jedoch nicht nur den gewünschten Rausch, sondern zeitigt auch grausige Nebenwirkungen, die zum drastischen Tod führen. Nur wenn der US-Präsident sämtliche Drogen legalisiert, liefert Poppy ein Antidot, das die Menschen rettet. Eine starke Drohung, zumal auch Eggsys Verlobte Tilde vom Stoff genascht hat und nun kurz vor dem Exitus steht.

Die britischen Agenten bekommen amerikanische Pendants

Dass das Konzept unendlich fortgesponnener Serien funktioniert, zeigt das Beispiel des Geheimagenten James Bond, der seit 1962 auf der Kinoleinwand die Welt rettet. Und Robert Ludlums CIA-Mann Jason Bourne wurde nach dem Ableben seines Schöpfers sogar von einem anderen Autoren übernommen. Bei diesen Vorbildern haben sich die „Kingsman“-Erfinder, die Comic-Autoren Mark Millar und Dave Gibbons, manches abgeschaut. Die Frage ist nun, ob dieses Prinzip nicht irgendwann langweilig wird; ob der Erfindungsreichtum der Macher nicht erlahmt und die einst tollkühnen Abenteuer zur ewigen Wiederholung des Immergleichen verkommen. Im Fall von „Kingsman 2: The Golden Circle“ sind dafür Anzeichen zu erkennen.

Die stark an das Muster des ersten Teils erinnernde Anlage ergänzt Regisseur Matthew Vaughn mit seiner Co-Autorin Jane Goldman immerhin um neue Charaktere, die bei der amerikanischen, als Whiskey-Destillerie getarnten Geheimorganisation „The Statesman“ nach ähnlichen Regeln agieren wie die britischen Agenten. Hier muss Eggsy herausfinden, ob es sich beim Kollegen Agent Tequila (Channing Tatum) um einen Freund oder einen Feind handelt.

Julianne Moore spielt eine charmante Irre

Interessant ist aber vor allem die Figur des weiblichen Schurken. Julianne Moore spielt Poppy mit diebischem Vergnügen als charmante Irre, die in ihrem nostalgischen Diner abtrünnige Gehilfen in einen riesigen Fleischwolf stopft und zu Hamburgern verarbeitet. In ihrem Privattheater hält Poppy zudem noch den echten Elton John gefangen, der im lächerlich glitzernden Paradiesvogel-Dress als Karikatur seiner selbst Gershwin-Stücke klimpern muss.

So grell und lustig diese Späße sind, sie täuschen nicht darüber hinweg, dass sich in der Kingsman-Fortsetzung bereits Routine breitmacht. Während der blutrünstige, cartoonhafte Humor im ersten Teil noch anarchisch wirkte und gegenwärtige Probleme aufs Korn nahm – zum Beispiel die Schere zwischen Arm und Reich etwa – spult Vaughn diesmal böse Witze ab, die kaum noch eine Anbindung an die Realität haben und deshalb zahnlos wirken.

Zudem verzögern unnötige Handlungs-Volten die Auflösung, die man, vom bunten Trubel ermattet, irgendwann herbeisehnt. Auch wenn man den Kingsman-Helden ein langes Leinwandleben wünscht: Den aktuellen Fall hätte Vaughn straffer erzählen können.