Der 79-jährige Star werde nur kurz Hallo sagen, hieß es vorab. Aber dann hat sich Terence Hill doch ein wenig mehr Zeit für seine Fans im Stuttgarter Ufa-Palast genommen. Und sich an die Tage erinnert, als Bud Spencer ein Hund und er eine Katze war.

Stuttgart - Eigentlich ist das ja ein wenig unhöflich von Ewan McGregor, wie er sich da auf einem Werbeplakat zu „Christopher Robin“ an der Fassade des Ufa-Palastes mehrere Stockwerke in die Höhe reckt und über den Vorplatz schaut, als sei das sein Tag, sein Revier, wenn nicht gar: seine Epoche. Aber die für 18 Uhr an einem Montag auffällig vielen, spürbar erwartungskribbeligen Grüpplein auf dem Platz haben für Ewan McGregor kein Auge übrig. Dieser Tag, diese zwanglose Feier einer ganzen Kinoepoche, gilt einem anderen: Terence Hill. Der war schon ein Kinostar, als McGregor 1971 gerade mal geboren wurde.

 

Ermutigend klang allerdings nicht, was vorab über die Promotion-Tour des 79-jährigen Hill zu seinem Spätwerk „Mein Name ist Somebody“ zu hören war. Der Star sei doch schon ein wenig mitgenommen von den Interviewsitzungen, Signierstunden, Talkshow-Auftritten, den Fahrten von Stadt zu Stadt. Der Presse werde er daher, es tue ihm leid, keine weiteren Interviews mehr geben können, den Fans keine Autogramme. Auch fotografiert solle nicht werden, seine Augen seien von den Blitzlichtgewittern der letzten Wochen stark angegriffen. Er werde seinen Fans vor Filmbeginn nur kurz Hallo sagen.

Es bleibt nicht beim Hallo

Dafür kommt jemand extra ins Kino? Ja, dafür pilgern die Menschen heran, denn sie wissen: Terence Hill und Bud Spencer haben nicht nur in ihren klamaukigen Abenteuerfilmen stets das Unmögliche möglich gemacht. Sie haben Unerwartbares in vielen Leben bewirkt, haben auch jene lachen lassen, die gerade eigentlich nichts zu lachen hatten. Zudem waren Spencer und Hill im echten Leben Freunde. Nun ist der eine tot, der andere hat einen Film als Verbeugung vor ihm gemacht, die Werbetour für den Film ist eine Feier dieser Freundschaft über den Tod hinaus. Die Fans spüren das. Also ahnen sie auch: Da geht noch was.

Als Hill den großen Kinosaal betritt, umringt von vier Männern, die eher so aussehen, als wollten sie ihn vorm Stolpern als vor distanzlosen Ranschmeißern schützen, stutzt man einen Moment: Hat sich da einer übernommen? Aber noch im Moment einer kurzen Desorientierung – nach links, oder nach rechts? – blitzt da schon ein Lächeln auf. Und dann steht er auf der Bühne und belässt es eben doch nicht beim bloßen Hallo.

Hund und Katze werden Freunde

Terence Hill erzählt noch einmal ein paar Geschichtchen, und vielleicht finden das jene im Saal am schönsten, die diese Geschichten schon kennen. Jetzt werden die Anekdoten lebendiger, wie Lieder, die man von der CD kennt, aber jetzt im Konzert hört. So wie die Schote vom Kennenlernen der beiden, bei einem Film, bei dem es für die erste zu drehende Szene keine ausgearbeiteten Dialoge gab. Auf die Frage, was er denn sagen solle, bekam Hill zu hören, er solle sich keine Gedanken machen. „Die Szene ist einfach eine Prügelei zwischen Hund und Katze.“ Mit dem Hund war Bud Spencer gemeint, mit der Katze Hill, der sein vierschrötiges Gegenüber noch gar nicht einschätzen konnte: „Er hat mich dann gefragt: ‚Na, hast Du Angst, Kleiner?’ Und ich habe ihm geantwortet: ‚Nein, aber Du musst aufpassen, das geht jetzt ganz schnell’. Aus diesem leicht konfrontativen Beginn erwuchs eines der großen dynamischen Duos der Leinwand.

Deutsch spricht Hill, weil er, der eigentlich Mario Girotti heißt, als Kind einer Deutschen und eines Italieners in der Gegend von Dresden aufgewachsen ist. Damals herrschte Krieg, Dresden und die Umgebung waren fuchtbaren Bombenangriffen ausgesetzt, aber der kleine Mario überlebte. Vielleicht hat ihm das später beim Grinsen geholfen, wenn Feingeister seinen etwas krachledernen Filmen vorwarfen, sie seien roh, brutal, unzivilisiert. Mario Girotti wusste, wie roh, unziviliisert und brutal wirklich aussehen: nicht wie ein Kinoträumchen, in dem die Helden Bratpfannen als K.O.-Klatschen benutzen und bei dem die Zuschauer wissen, dass außer der Ketchupflasche des Maskenbildners niemand bluten muss.

Veteranen und Jungfans

Fast alle Besucher im Ufa-Palast zücken Smartphones, wie das bei solchen Events üblich ist. Das sieht dann aus, als seien sie die menschlichen Tragtiere viereckiger kleiner Außerirdischer, die sich hochhalten lassen, um eine touristische Attraktion für Besucher von der Wega besser in Augenschein nehmen zu können. Aber irgendwie ist die Stimmung anders als sonst. Hier ist mehr Freude am Erleben zu spüren als Gier nach Bildern für die eigene Social-Media-Präsenz.

Mehrere Generationen sind versammelt, Veteranen, die schon die Erstauführungen von Spencer/Hill-Filmen in den Siebzigern im Kino miterlebt haben, und ganz Junge, die sonst vielleicht nicht viele alte Filme klasse finden, diese aber schon. Es sind mehr Menschen im Saal, die bei einem nicht ganz so strengen Bud-Spencer-Ähnlichkeitswettbewerb in die Vorrunde kommen könnten, als solche, die es bei einer Terence-Hill-Double-Suche weit brächten. Ob das bei einem Spencer-Event umgekehrt wäre?

Begegnung vor der Tür

Hill, der noch verraten hat, er kenne die Gegend hier ganz gut, weil er öfter Verwandte in Ludwigsburg besuche, muss nun Schluss machen. Er geht, und man glaubt ihm, dass er sich ein wenig müde fühlt, dass er gerne länger bei seinen Fans geblieben wäre, ja, den ganzen Abend lang Geschichten erzählt hätte.

Draußen vor dem Saal trifft er auf ein paar Zuspätkommer, auf ein paar Leute, die auf die nächste Vorstellung warten, vor der er noch einmal ein paar Worte sagen will, vielleicht auch auf ein paar clevere Autogrammjäger. Tatsächlich lässt er sich nun von seinen Helfern nicht gleich in den Ruheraum wegziehen, nimmt einen Stift, beschreibt, was man ihm hinreckt, auch ein T-Shirt, das wohl so schnell nicht mehr in die Wäsche kommen wird. Terence Hill, 79, Kinolegende, war da. Da ging dann doch noch was.