Die Kinos dürfen noch mitspielen. Aber wer in den USA zum Start von „Godzilla vs. Kong“ lieber zuhause bleibt, kann das tun. Das Studio Warner Bros. bietet 2021 alle seine Filme parallel zum Kinostart auch beim hauseigenen Streamingdienst HBO max an. Was bedeutet das für Deutschland?

Los Angeles - Fürs klassische Kino kommen die Hiobsbotschaften dicht an dicht. Erst gab es mehrfache Startverschiebungen potenzieller Hits wegen Corona. Dann wurden mögliche Blockbuster direkt bei Streamingdiensten gestartet, ganz ohne vorherige Kinoauswertung. Nun wird klar, dass Kinos auch nach Corona keine Exklusivität mehr genießen werden. Das Hollywoodstudio Warner Bros., einer der Giganten der Branche, hat angekündigt, alle seine neuen Filme im Jahr 2021 – siebzehn Titel stehen auf der Planungsliste – zeitgleich im Kino und per Streaming herauszubringen. Dazu zählen etwa „Godzilla vs. Kong“, „The Suicide Squad“, „Dune“ und „Matrix 4“

 

Auch der sonst vorab über viele Entwicklungen via Studiotratsch gut informierten US-Branchenpresse war eine gewisse Fassungslosigkeit ob der Radikalität der Entscheidung anzumerken. Beispiellos sei das, schrieb etwa der „Hollywood Reporter“, es stelle „die ganze Struktur des Filmerlebens im Jahr 2021 in Frage“.

Ein Konzern plant neu

Zuvor war lediglich gerätselt worden, ob Warner einen Streamingstart für „Godzilla vs. Kong“ in Erwägung ziehe. Das Aufeinandertreffen der beiden Kinomonster sollte bislang am 20. Mai 2021 weltweit in die Lichtspielhäuser kommen. Werde Warner sich für einen Streamingstart aussprechen, orakelte man, sei das ein Signal für eine weiterhin besonders pessimistische Einschätzung der Lage. Wie lange die Pandemie und die Schutzmaßnahmen das globale Kinogeschäft noch erschweren werden, kann man noch nicht sagen. Nun übersteigt die Reaktion von Warner alle Erwartungen.

Es sei eine „Maßnahme für ein Jahr“, betonen die Verantwortlichen des Studios, aber sie hüten sich auffällig, eine Bereitschaft auszusprechen, 2022 den Kinos die Filme wieder mehrere Monate lang exklusiv zur Verfügung zu stellen. Solch ein Versprechen würde derzeit auch kein Kinobetreiber glauben. Zum Medienkomplex Warner Bros. Entertainment, der selbst wieder dem Kommunikationskonzern AT & T gehört, zählt auch der Streamingdienst HBO max. Die Streamingeinnahmen bleiben also zumindest im Kernmarkt USA im eigenen Haus und müssen nicht mit einem externen Partner wie Netflix oder Amazon Prime Video geteilt werden.

Keine Rückkehr zum alten Modell

Warner baut seine Firmenstruktur gerade sowieso grundlegend um, was mit drastischen Jobverlusten einhergeht. Das neue Modell weist dem Kino einen sehr viel kleineren und Streaming einen sehr viel größeren Stellenwert als bislang zu. Sollte das nun angekündigte Streamingmodell sich für Warner lohnen, ist mit einer Rückkehr zu den alten Regeln nicht zu rechnen.

Was das für Filmfreunde in Deutschland bedeutet, ist noch völlig unklar. HBO max tritt hierzulande noch nicht an. Als Warner zuletzt angekündigt hatte, „Wonder Woman 1984“ überall dort, wo HBO max schon präsent sei, als Streamingdebüt parallel zum Kinostart anzubieten, blieb für Deutschland der bisherige Kinoexklusivstart am 25. Dezember erhalten. Der fällt nun allerdings den Corona-Regeln zum Opfer.

Noch ein großer Streamingdienst?

Der vielfach preisgekrönte Kabelkanal HBO hat bislang seine TV-Serien in Deutschland, „Game of Thrones“ etwa, zuerst über den Kabel-TV- und Streaminganbieter Sky ausgewertet. Diese Geschäftsverbindung stammt aber aus Zeiten, als der Mutterkonzern noch nicht offen gegen Netflix, Amazon, Disney + und Apple TV+ in den Ring trat.

Dass Warner alle Kinofilme 2021 ins Streaming schiebt, legt nahe, dass man dieses fette Paket nicht komplett an einen der Konkurrenten von HBO max geben wird. Es deutet eher daraufhin, dass man sich bei Warner entschlossen hat, den hauseigenen Streamingdienst nun doch zügig auf allen wichtigen Märkten anzubieten. Das könnte so aussehen, dass HBO max mit einer technisch komplett eigenen Infrastruktur antritt. Es wäre aber auch eine große Huckepack-Lösung denkbar. HBO max käme dann über die Infrastruktur eines Konkurrenten zum Endkunden, der ein eigenes Abopaket abschließt. So oder so: Für Filmfreunde wird die Kino- und Streamingwelt noch ein bisschen unübersichtlicher werden.