In der Einrichtung der Katholischen Kirche sollen Fragen rund um den Tod professionell bearbeitet werden. Sie soll aber auch jedem offenstehen, der krisenhafte Verlusterfahrungen gemacht hat. Zudem ist ein Umbau der Kirche geplant.

Vor dem alten Pfarrhaus von Mariä Himmelfahrt in Stuttgart-Degerloch ist ein Bauzaun angebracht. Aus dem Container vor dem Gebäude an der Karl-Pfaff-Straße ragen alte Türen und andere Zeugen baulicher Aktivitäten. Die Arbeiten für das Trauerzentrum haben vor wenigen Tagen begonnen. „Heizungen und Sanitäranlagen werden ausgebaut, und die Elektrotechnik wird ausgetauscht“, berichtet Nicole Höfle, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Katholischen Stadtdekanat.

 

Mit der Verlegung eines neuen Bodens gehe es im Anschluss an die konkrete Gestaltung der trauerpastoralen Einrichtung: Im Erdgeschoss soll ein großer Raum für Seminare nebst Küche und Besprechungszimmer entstehen, im Obergeschoss Büros für die Mitarbeiter, aber auch kleinere Räumlichkeiten, in denen Trauergespräche stattfinden können.

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Wie begegnet man einem trauernden Kind?

„Das Zentrum wird eine Anlaufstelle für Trauernde sein.“ Einzelberatungen und Schulungen sollen dort angeboten werden, fasst Höfle das Konzept zusammen. Man wolle neben Berufsgruppen wie Ärzten oder Altenpflegern auch jenen Hilfestellung geben, die in der Ausbildung nicht unbedingt auf den Umgang mit Trauerfällen vorbereitet würden, etwa Erzieherinnen. Wie begegnet man einem Kind, das ein Großelternteil verloren hat? Oder auch nur ein geliebtes Haustier? Wie lässt sich mit ihm über den Tod sprechen? Im Trauerzentrum sollen unter anderem solche und ähnliche Fragen professionell bearbeitet werden. Der Trauerbegriff ist jedoch nicht auf den Tod beschränkt. Das Zentrum soll auch jedem offen stehen, der krisenhafte Verlusterfahrungen macht.

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Von zentraler Bedeutung ist die Anbindung an das Hospiz Sankt Martin, in dem Menschen ihre letzte Lebensphase verbringen. Die Nähe zu dieser Institution der Hospiz- und Palliativversorgung in Stuttgart war einer der Gründe, die für Degerloch als Standort des Trauerzentrums ins Feld geführt wurden. Ihr Eindruck sei, dass die Bürger inzwischen hinter den Plänen stünden, sagt Nicole Höfle. Die Akzeptanz sei hoch. Auch bei jenen, die zunächst kritisch oder zumindest skeptisch gewesen seien.

Strittige Idee vom Tisch

Offenbar beruhigten sich die Gemüter bereits, sobald eine strittige Idee vom Tisch war, nämlich eine Urnenwand in das Zentrum zu integrieren. Gleichzeitig dürften die Vorteile der Baumaßnahmen mit der Zeit in den Fokus gerückt sein. Die barrierefreie Gestaltung, insbesondere der vorgesehene Aufzug vom Trauerzentrum in die Kirche, dürfte sich als großer Gewinn für das mit Rollstuhl oder Gehwagen nur schwer zugängliche, hoch gelegene Gotteshaus erweisen. Der Ausbau des Clubraums im Untergeschoss des Pfarrhauses verschafft der Gemeinde einen Saal, den sie für eigene Veranstaltungen mitnutzen kann.

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Im Anschluss an die Baumaßnahmen im Pfarrhaus soll 2023 die Sanierung der Kirche Mariä Himmelfahrt in Angriff genommen werden. Derzeit läuft die Planung für die Umsetzung des im vergangenen Oktober in einem freien Ideenwettbewerb zum Sieger gekürten Entwurfs von Schneider Hoffmann Architekten aus Karlsruhe. Unter anderem ist ein neues Beleuchtungskonzept vorgesehen, das mehr Licht in den Kirchenraum bringen soll. Höfle spricht auch von einer Veränderung des Chorraums. Ohne ihn im eigentlichen Sinne abzutrennen, soll er so gestaltet werden, dass sich dort kleinere Gruppen von Trauernden versammeln können und sich dabei in der Weite der Kirche nicht verloren fühlen.

„Ehe die Entwurfsplanung realisiert werden kann, muss alles noch einmal vom Kirchengemeinderat und dem Stadtdekanat abgesegnet werden“, erklärt die Pressesprecherin. Derzeit sieht es aus, als schreite die Erneuerung des denkmalgeschützten Ensembles, zu dem auch der alte Pfarrgarten gehört, wie vorgesehen voran. Die Arbeiten am Pfarrhaus sollen bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Die Kosten belaufen sich auf 1,25 Millionen Euro.