Meditation, Ausstellungen, Kinderbetreuung und Begegnungen mit Flüchtlingen: die Kirchen am Marktplatz wollen dafür künftig Räume zu Verfügung stellen. Und sich damit auch stärker in der Innenstadt präsentieren. Die neue Offenheit hat aber auch Grenzen.

Ludwigsburg - Die fünf katholischen Gemeinden in Ludwigsburg müssten ihren Gürtel in nächster Zeit etwas enger schnallen, sagt Gabriele Schwenk-Ebbighausen, die Vizevorsitzende der Gesamtkirchengemeinde Ludwigsburg. Denn die Gemeinden haben zusammengelegt und das Eckhaus am Marktplatz, in dem sich die Lokalität Wunderbar befindet, gekauft. „Wir wollen uns stärker präsentieren“, sagt Schwenk-Ebbighausen, „und eine Kirche inmitten der Stadt sein.“

 

Einen ersten Schritt in diese Richtung ist die Kirche bereits 2014 mit der Eröffnung jener Wunderbar gegangen, damals in gemieteten Räumen. „Als sich uns dann im letzten Jahr die Gelegenheit zum Kauf bot, haben wir zugeschlagen“, sagt Elisabeth Dörrer-Bernhardt, die Leiterin des Hauses der Katholischen Kirche. Links von der Wunderbar haben am Samstag die neuen Gemeinschaftsräume der Katholischen Gemeinden in Ludwigsburg eröffnet. „Wir stellen uns ein buntes Programm aus Lesungen, Musik und Meditationsangeboten vor“, sagt Dörrer-Bernhardt. Dafür stehen jetzt ein Foyer und zwei größere Räume zur Verfügung. In drei kleineren Räumen sollen künftig Ausschüsse, Basteltreffs und Krabbelgruppen Platz haben. Zu dem Haus gehört auch ein 300 Quadratmeter großer Garten.

Ein Pfarrbüro für alle

Ums Eck befand sich früher ein Laden, der Frozen Yogurt anbot. Auch dessen Räume gehören zu dem neu erworbenen Haus. Hier soll das Pfarrbüro am Marktplatz einziehen. Dieses ist bislang provisorisch in der Wunderbar untergebracht. „Nachdem sich der Standort am Marktplatz bewährt hat, soll nun barrierefrei ein offenes Büro betrieben werden“, sagt Martin Wunram, der Pastoralreferent der Gesamtkirchengemeinden in Ludwigsburg. Es soll täglich in der Zeit zwischen 9.30 und 18 Uhr geöffnet sein und eine Alternative zu den Pfarrämtern der Gemeinden sein.

500 Quadratmeter des Hauses nutzt die Kirche, hinzu kommen Räume und Wohnungen, die die Kirche vermietet. Wie groß das Haus allerdings insgesamt ist und wie teuer, das wollte die Kirchengemeinde auch auf Nachfrage nicht verraten.

Einige Meter weiter plant auch die evangelische Kirchengemeinde eine Öffnung hin zum Marktplatz – mit einer ähnlichen Idee. „Wir möchten den Dekanatssaal zu einem Raum umbauen, der Platz bietet für Menschen und Aktionen“ sagt Winfried Speck, der Dekan der evangelischen Kirche in Ludwigsburg. Die genaue Ausgestaltung sei noch in der Planung, sagt Speck. „Es sollen verschiedene Gruppen angesprochen werden. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, samstags während der Marktzeit eine Kinderbetreuung anzubieten“, sagt der Ludwigsburger Dekan.

Predigt Slams im Dekanatssaal

Der neue Pfarrer der Friedenskirche, Martin Wendte, hat weitere Ideen. „Schulungen, Begegnungen mit Flüchtlingen sowie Poetry Slams oder Predigt Slams kann ich mir in dem Raum genauso gut vorstellen wie Kleinkunstabende oder Ausstellungen“, sagt er. Ein Raum der Begegnungen solle es werden, interkulturell und interreligiös. „Wir schließen kein Konzept aus“, sagt Wendte. „Und freuen uns über Vorschläge.“

Insgesamt wird der Dekanatssaal größer und mit einer Glastür zum Marktplatz hin versehen. Dafür werden Wände durchbrochen und neue Fenster und Türen eingebaut. Auch das restliche Gebäude wird renoviert. Das Büro des Kreisbildungswerkes soll vom Stadtteil Eglosheim ebenfalls in das Gebäude am Marktplatz ziehen. 1,2 Millionen Euro soll das Projekt kosten, im Juni mit dem Umbau begonnen werden, sagt Speck. „Wir rechnen mit einer Eröffnung im Sommer 2018“, meint der Dekan.

Die beiden Kirchen in Ludwigsburg haben nicht nur ähnliche Ideen, sie wollen auch ihre Zusammenarbeit verstärken. „Wir sind in einem ständigen Austausch und wollen die Nutzung der Räume aufeinander abstimmen“, sagt der Dekan. Auch gemeinsame Aktionen wie das derzeitige Marktplatzprojekt „Bevor ich sterbe möchte ich . . .“ solle es künftig öfter geben, sagt Speck. „Das nächste größere Projekt ist sicherlich das Reformationsfest“, sagt der Dekan. Am ersten Juliwochenende soll ein 200 Meter langer Tisch von einer Kirche zur anderen reichen. „An diesem ist jeder willkommen“, sagt Speck.