Wegen des Personalabbaus in der evangelischen Kirche verschmilzt die erst seit fünf Jahrzehnten selbstständige Oeffinger Gemeinde in knapp zwei Jahren wieder mit Schmiden. Für 5700 betroffene Christen gibt es künftig eine halbe Pfarrstelle weniger.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Die Sparzwänge in ihrer Kirche beschäftigen evangelische Christen nicht nur in der Kernstadt Fellbach. Auch für Schmiden und Oeffingen zeichnen sich weit reichende Änderungen ab. Bei einem Redaktionsgespräch am Dienstag erklärten der Schmidener Pfarrer Bernd Friedrich und sein Oeffinger Kollege Markus Eckert, dass die beiden Kirchen- gemeinden eine Fusion planen. Bereits zum 1. Januar 2020 sollen die beiden bisher selbstständigen Gemeinden zu einer Einheit verschmelzen. Verbunden mit dem Zusammenschluss ist der Verlust einer halben Pfarrstelle – und eine neue Struktur mit neu geordneten Aufgaben, einem neuen Zuschnitt der „Parochien“ genannten Seelsorge-Bezirke und eine deutlich kleinere Zahl an Kirchengemeinderäten.

 

Hintergrund der Strukturreform ist der vom Kirchenbezirk Waiblingen bereits im Frühjahr 2017 vorgelegte Pfarrplan

„Es ist bitter, eine halbe Stelle streichen zu müssen – und das können wir auch nicht schönreden“, sagt der Schmidener Pfarrer Bernd Friedrich. Er betont freilich auch, dass ein Zusammenschluss auch Chancen biete. Durch die von den Kirchengemeinderäten in Schmiden und Oeffingen jüngst bereits beschlossene Fusion wächst die evangelische Gemeinde auf gut 5700 Mitglieder an – und tut sich als größere Einheit womöglich leichter, die Vielfalt kirchlicher Aufgaben bei sinkender Personalausstattung auch zu stemmen.

Johanneskirche in Oeffingen. Foto: Patricia Sigerist

Hintergrund der Strukturreform ist der vom Kirchenbezirk Waiblingen bereits im Frühjahr 2017 vorgelegte Pfarrplan. Bis zum Jahr 2024, so die drastische Sparvorgabe, fallen zwischen Leutenbach und Schorndorf 4,25 Pfarrstellen weg. In einer zweiten Runde bis zum Jahr 2030 stehen weitere fünf Stellen auf der Streichliste. Bei aktuell noch 39 evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrern im Kirchenbezirk ist das fast ein Viertel des heute noch vorhandenen Personals – die Folgen von Kirchen-Austritten und demographischem Wandel sind unübersehbar.

In Schmiden und Oeffingen, bisher mit drei Vollzeitstellen durchaus ausgelastet, herrschte lange die Hoffnung vor, dass der Kelch des Sparzwangs vorüberzieht. Mittlerweile aber ist klar, dass Schmiden auf eine halbe Personalstelle verzichten und Oeffingen die Geschäftsführung ab-geben muss. Kommende Woche soll die Bezirkssynode über den Pfarrplan ab-stimmen – und die auch in Waiblingen, Weinstadt oder auch Schwaikheim für große Einschnitte sorgende Stellenabbau besiegeln. Vor Ort besonders betroffen ist der bisher von Pfarrerin Angelika Hammer geleitete Pfarrbezirk Schmiden II. Obwohl in der Parochie rund ums Dietrich-Bonhoeffer-Haus mehr evangelische Christen (1885) leben als in Oeffingen (1876), haben sich die kirchlichen Gremien entschieden, die halbe Personalstelle hier zu kürzen. Das Deputat des Oeffinger Seelsorgers Markus soll komplett erhalten bleiben, bei Bernd Friedrich im Staffelweg wird ebenfalls mit einer 100-Prozent-Stelle die Geschäfts-führung angedockt sein. „Wir schneiden da ins lebendige Fleisch - es ist ja nicht so, dass wir bisher keine Arbeit haben würden“, sagt der Geistliche über den Verlust.

Zur Vorbereitung der Fusion haben die beiden Kirchengemeinderäte eine Steuerungsgruppe gebildet

Bereits entschieden ist auch, dass es eine komplette Fusion statt einer zunächst eher losen Kooperation geben soll. „Wir wollen Klarheit – und uns Zwischen-schritte wie in Fellbach ersparen“, bringt es Markus Eckert auf den Punkt. Auch aus Sicht von Bernd Friedrich würde eine abgemilderte Form der Verschmelzung nur Doppelarbeit in parallel tagenden Gremien bedeuten. „In einer Strukturdebatte kann unglaublich viel Energie verpuffen“, sagen die beiden Pfarrer mit Blick auf die ehrenamtlich engagierten Gläubigen – sei es als Kirchengemeinderat oder bei der Mitarbeit in Bibelkreis und Jungschargruppe.

Noch gesucht werden muss ein Name für die neue Kirchengemeinde. Offen ist außerdem der Zuschnitt der Seelsorge-Bezirke. Zur Vorbereitung der Fusion haben die beiden Kirchengemeinderäte eine Steuerungsgruppe gebildet. Dass die Verschmelzung im Kreis der Kirchgänger nicht nur Begeisterung auslöst, ist kein Geheimnis. In Schmiden werden die Folgen der Personalkürzung für die kirch-liche Arbeit bedauert, in Oeffingen herrscht Unmut, die vor fünf Jahrzehnten erreichte Selbstständigkeit nun wieder aufgeben zu müssen. Auch das Tempo bei der Fusion stößt teilweise auf Kritik – auch wenn der Personalabbau erst 2024 greift. Aus der Frage nach der Zukunft von Pfarrerin Angelika Hammer erwächst auch ein Risiko: Bekommt die Seelsorgerin erst beim Wegfall der 50-Prozent-Stelle für Schmiden zusätzliche Aufgaben in anderen Kommunen, bleibt sie der neuen Gemeinde die nächsten sechs Jahre mit voller Kraft erhalten. Wechselt die Pfarrerin schon vorher auf eine neue Stelle, muss Dionysius schon früher auf die 50 Prozent verzichten.