In Korntal haben Protestanten und Katholiken Zusammenarbeit in einen Vertrag zur Ökumene gegossen.

Korntal-Münchingen - Es habe keine Vorbilder gegeben und keinen Druck aus Rottenburg – „die Idee kam aus Korntal“. So formuliert es Adolf Rager, der Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde „Sankt Johannes der Evangelist“. Sein evangelischer Kollege Ulrich Dreesman hat den Schriftsatz für die Christuskirchengemeinde am vergangenen Sonntag mit unterschrieben. Damit führte er kurz vor seinem Abschied zu Ende, was sein Kollege Andreas Löw vor zwei Jahren angestoßen hatte. Die Rede ist von einem dreiseitigen Papier, in dem die beiden Gemeinden ihre Gemeinsamkeiten aufschreiben und das weitere Miteinander betonen. Die Basis der Ökumene ist darin ebenso festgehalten wie konkrete Projekte. Konfliktträchtige Punkte wurden ausgeklammert – zum Beispiel das Abendmahl.

 

Gestern ging die „Gebetswoche zur Einheit der Christen“ zu Ende. Und mittendrin, am vergangenen Sonntag, haben die Vertreter der Protestanten und der Katholiken in Korntal unterschrieben, was sie eint. Einer sechsteiligen Präambel (beginnend mit dem Satz „Im Bekenntnis zur Taufe

als dem gemeinsamen grundlegenden Band der Einheit in Jesus Christus“) folgen sechs Punkte, in denen die praktizierte Ökumene immer genauer in Projekte gefasst wird: geistliche Gaben der verschiedenen christlichen Traditionen kennen zu lernen etwa oder Gottes Wort gemeinsam zu hören in konkret benannten thematischen Gottesdiensten. Als Projekte werden Kinderbibeltage ebenso genannt wie gemeinsame Sitzungen der beiden Kirchengemeinderäte. Es wird aber auch Bekenntnis abgelegt zu gemeinsamen Kasualien, wie zum Beispiel Trauungen.

Wobei es „die“ ökumenische Hochzeit, Taufe oder Beerdigung nicht gebe, wie Rager und Dreesman betonen. „Das ist ein Traum von mir“, sagt Rager. Bisher müssten die Aufgaben genau abgestimmt werden. Der Wunsch nach einer Bestattungsfeier mit zwei Pfarrern sei noch nie an ihn herangetragen worden. Ökumene praktiziert Rager schon lange – der 68-Jährige hat das Studium des Fachs nach der Theologie noch angehängt. Die katholischen „Basics“ des Vertrags seien die Liturgie, die protestantische das Wortverständnis, sagt der Priester.

Fokus auf der Kinder- und Jugendarbeit

Sein evangelischer Kollege gibt die Frage nach den protestantischen Grundlagen des Vertrags an die Kirchengemeinderatsvorsitzende weiter. „Mir kommt’s weniger auf das Evangelische an“, meint Gabriele Seyfang, „als auf das Miteinander.“ Ulrich Dreesman ergänzt: „Beide Gemeinden wachsen seit Jahrzehnten zusammen“, die Vereinbarung reflektiere jetzt den Stand der Dinge. Der Fokus liege auf der Kinder- und Jugendarbeit, und man wolle die „neu entdeckte Tradition der ökumenischen Gottesdienste für Vereine“ weiterführen, wie für den Musikverein oder die Feuerwehr zu deren Jubiläum.

Was Katholiken und Protestanten noch trenne, trotz der neuen Vereinbarung? Maria sicher nicht. „Die verbindet uns“, sagt Ulrich Dreesman. Dann kommt die Sprache auf das Abendmahl. Er als Protestant lade jeden Getauften dazu ein – sein katholischer Kollege dürfe das nicht. Das müsse man respektieren und dürfe niemanden wegen des Themas Eucharistie bedrängen.

Der Diözesansprecher Thomas Broch aus Rottenburg findet das Korntaler Papier „spontan sehr gut“. Ähnliches sei ihm „bisher nicht untergekommen“. Auch Frank Zeeb vom evangelischen Oberkirchenrat in Stuttgart kennt keine ähnlichen schriftlichen Verträge. Mündliche Vereinbarungen zur Ökumene aber gebe es öfter. Und Verträge, wer wann welche Kirche nutzen dürfe, gebe es schon seit 500 Jahren, „die sind schon kurz nach der Reformation geschlossen worden“.