In der Gewölbedecke werden Schäden untersucht. Die Kirche muss dafür komplett geräumt werden.

S-Süd - Die Katholiken im Süden stehen vor einer Zeit der Entbehrung. Sie müssen knapp drei Monate auf ihre Marienkirche verzichten. Denn in der Kirche St. Maria an der Tübinger Straße wird am Sonntag. 8. Januar, um 11 Uhr, für zehn Wochen der letzte Gottesdienst gefeiert. Danach rücken die Bauarbeiter und Techniker an. Der Grund: Die Holzdecke muss nach eingehenden Untersuchungen saniert werden. Noch ist das Ausmaß der Schäden unklar. Sollten sie im angenommen Rahmen bleiben, soll die Wiedereröffnung mit einem Gottesdienst am Sonntag, 19. März, stattfinden.

 

Der Putz bröckelt von den Wänden

Da der Putz von den Hochwänden und Vierungsbögen bröckelt, ist bereits seit Monaten ein Sicherheitsnetz gespannt. Wie es in den Wänden und in der Decke aussieht, sollen Experten nun kommenden Monaten überprüfen. „Wir müssen wissen, wie tief die Schäden gehen, um entscheiden zu können, wie teuer die Innenrenovierung von St. Maria wird“, sagt Alexander Schmidt, der Leiter der Bauabteilung im kirchlichen Verwaltungszentrum.

Dann erst wird auch sicher sein, was die Sanierungs kostet. Ganz überraschend kommt das Ganze jedoch nicht. Beim zuletzt verabschiedeten Haushaltsplan des Stadtdekanats wurde der Investitionsaufwand für kirchliche Gebäude im Zeitraum zwischen 2018 und 2022 unter der Rubrik „Herausforderungen und Risiken“ aufgelistet. Alleine für Kirchen rechnet man mit einer Sanierungssumme von elf Millionen Euro. In die Gemeindehäuser sollen 21 Millionen Euro, in Kitas 31 Millionen Euro (städtischer Anteil daran 23 Millionen) gesteckt werden. Auch die Energiekosten wurden im Haushaltsplan als Kostentreiber identifiziert.

Um überhaupt an die Problemzonen zu gelangen, muss die Kirche komplett leer sein. Sogar die Kirchenbänke werden aus diesem Grund abmontiert. Mit einer Arbeitsbühne werden die Sachverständigen an die schadhaften Bereiche in dem Kirchenschiff heranfahren. Kritisch sind nicht nur die Risse in Decken und Wänden, in die Jahre gekommen ist auch die Heizung in dem Gotteshaus. „Die Kirche ist praktisch nicht mehr beheizbar“, sagt Paul Kugler, der leitende Pfarrer der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Süd.

Die Marienkirche ist ein Blickfang in der Tübinger Straße

Die Marienkirche, erbaut in den Jahren 1871 bis 1879 im neugotischen Stil, wurde als erster Neubau einer katholischen Kirche in Stuttgart nach der Reformation errichtet, damals nahezu am Stadtrand. Im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, wurde sie bis 1950 wiederaufgebaut und schließlich um die Jahrtausendwende außen umfassend renoviert. Die gesamte Innenrenovierung soll in den nächsten Jahren folgen. Aus Sicht von Pfarrer Kugler ist St. Maria „eine typische Großstadtgemeinde“ mit mehr als 6000 Mitgliedern, von denen allerdings nur noch wenige in der Nähe der Kirche wohnen. Die imposante Erscheinung und die zentrale Lage der Kirche an der Paulinenbrücke machen sie aus Sicht des Geistlichen dennoch zu einem wichtigen Ort. „Wir wollen in den nächsten Monaten mit den Menschen ins Gespräch kommen, um herauszufinden, welche Bedeutung die Kirche für sie und den Stadtbezirk hat“, sagt Paul Kugler.

Eines steht schon jetzt fest: Bei Brautpaaren ist die Marienkirche als Hochzeitskirche weit über den Stadtbezirk hinaus sehr beliebt. Die nächsten zehn Wochen aber müssen sowohl Gottesdienstbesucher als auch Brautpaare ausweichen.