Noch sprudeln die Einnahmen der katholischen und evangelische Kirche in Deutschland. Doch die Bischöfe fürchten für die nächsten Jahre einen Einbruch bei der Kirchensteuer. Die Folgen wären „brutal“, warnt der Bischof von Eichstätt.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Augsburg - Der katholische Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke, hat eine Debatte über die Zukunft der Kirchensteuer gefordert. „Wir, die deutschen Bischöfe, müssen uns dringend damit befassen, wie es mit der Kirchensteuer weitergehen kann und soll. Diese Diskussion vermisse ich“, sagte Hanke der „Augsburger Allgemeinen“. „Denn die katholische, aber auch die evangelische Kirche sieht sich jedes Jahr mit einer großen Zahl von Kirchenaustritten konfrontiert. Zudem kommen wir wegen der demografischen Entwicklung, dem Bevölkerungsrückgang an Grenzen. Spätestens in zehn Jahren werden die Kirchensteuereinnahmen einbrechen.“

 

Abscaffung der Kirchensteuer?

Die Frage müsse sein, ob diese Form der Kirchenfinanzierung auf Dauer trage oder ob es andere Wege gebe, erklärte Hanke. „Ich möchte nicht einer sofortigen Abschaffung der Kirchensteuer das Wort reden. Weil man sich da in einem größeren Horizont Gedanken machen müsste, da das auch die evangelische Kirche betrifft und zumal die Folgen brutal wären.“

Dennoch müsse die Kirche jetzt anfangen, „über andere Möglichkeiten der Finanzierung nachzudenken, und müssen dabei kreativer werden“.

Zwölf Milliarden Euro an Kirchensteuern

Die Kirchensteuer ist die Haupteinnahmequelle der beiden großen Kirchen, die mehr als die Hälfte der kirchlichen Haushalte ausmacht. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz waren im Jahr 2017 von den kirchensteuerpflichtigen Katholiken im Bundesgebiet 6,4 Milliarden Euro Kirchensteuer bezahlt. Den evangelischen Kirchen flossen in dem Jahr 5,6 Milliarden Euro aus der Kirchensteuer zu.

Staatsleistungen an die Kirchen

Die Bundesländer – außer Hamburg und Bremen – finanzieren daneben die evangelische und katholische Kirche mit sogenannten Dotationen (Zuwendungen). 2017 betrugen diese Geldzahlungen den Rekordwert von 538 Millionen Euro aus Steuermittel – ein plus von rund 14 Millionen Euro gegenüber 2016.

Diese Staatsleistungen überweist der Staat den Kirchen unabhängig von der Kirchensteuer und von Zahlungen für kirchliche Dienste, etwa in Kindergärten oder Altenheimen. Laut der kirchenkritischen Humanistischen Union erhielten die Kirchen seit 1949 insgesamt fast 17,9 Milliarden Euro Staatsleistungen.

Entschädigung für Säkularisation von 1803

Dies hat historische Gründe: Als die Reichskirchen 1803 im Zuge der Säkularisation enteignet und ihre Besitztümer den weltlichen Fürsten zugeschlagen wurden, verpflichtete sich der Staat zu „Pachtersatzleistungen“. Seitdem sichert er zum Teil die Besoldung des Klerus und kommt für bestimmte Baulasten auf. Die Weimarer Verfassung und das Grundgesetz haben diese Regelung übernommen, zugleich aber die Ablösung dieser Staatsleistungen angemahnt.

Die Zahlungen könnten gegen eine Entschädigung aufgehoben werden. Ohne die Einwilligung der beiden Kirchen können die Uralt-Verträge aber nicht geändert werden. Zwar streben Katholiken und Protestanten eine Entflechtung des Verhältnisses zum Staat an, aber nur ohne finanzielle Einbußen.

Weitere Kirchliche Einnahmequellen

Zu den kirchlichen Finanzquellen gehören auch Gemeindegaben wie Kollekten, Spenden, Schenkungen oder Gemeindebeiträge. Daneben gibt es Einnahmen aus Dienstleistungen und Vermögen wie Mieten, Erbbauzinsen, Zinseinnahmen, Pachten, Kapitalerträgen, Betriebskostenerstattungen, Darlehensrückflüssen oder Firmenbeteiligungen.

Die Zuschüsse von Bund, Ländern und Kommunen an die Kirchen sind unüberschaubar. So erhalten sie Finanzspritzen für den Betrieb von Kindergärten, Schulen und Fachhochschulen. Der kirchliche Eigenanteil beträgt oft kaum mehr als zehn Prozent. Krankenhäuser und Altenheime werden – wie bei anderen Trägern – fast komplett über Kranken- und Pflegekassen finanziert.

Hinzu kommen Zuschüsse für die Seelsorge bei Bundeswehr, Polizei oder im Gefängnis, für Kirchen- und Katholikentage, Subventionen für den Bau und die Renovierung kirchlicher Gebäude. Nicht zu vergessen Steuergelder für Hilfs- und Missionswerke.