Begünstigt durch wenigstens erträgliche Temperaturen, war das Haft-ond-Hoka-Fescht vom Wochenende für Tausende eine besondere Attraktion. Der Auftritt der Spider Murphy Gang beim Bastions-Openair galt als einer der Höhepunkte.

Kirchheim - Ihren Namen haben sie aus einer einzigen Strophe von Elvis Presleys Fünfziger-Jahre-Knastnummer Jailhouse Rock zusammengestupft: Spider Murphy Gang. Der hämmernde Rhythmus und die mitunter fast überspringende Stimme des Zuckungswunders aus Memphis, die manch gestandenem Zeitgenossen bis heute in den Ohrgängen wühlen und die Beine jucken lassen, ist für die Schlingel aus München auch im 40. Jahr ihres Bandbestehens ein bleibendes Vermächtnis des King, quer durch alle Stilmodifikationen und Textverlagerungen ins Bajuwarische. Gleich danach, oder noch davor, kommt der im März dieses Jahres verstorbene Ur-Rock’n’Roller Chuck Berry.

 

Der Mann ganz in Schwarz mit dem gütigen Blick eines „Kindlein“ aus Ludwig Thomas „Lausbubengeschichten“, misst gerade mal 162 Zentimeter, mit Absatz vielleicht ein bisschen mehr, wie er beiläufig betont. „Da wirst leicht überseh’n“, meint er weiter schicksalsergeben in unverstelltem Bayrisch.

1600 Zuhörer stehen dicht an dicht

Doch das ist die reinste Koketterie, denn Günther Sigl (70) zählt zu den verbliebenen Gründervätern der vieldekorierten Truppe und ist beim 15. Rollschuhplatz-Openair des Clubs Bastion als Frontmann gar nicht zu übersehen, geschweige denn zu überhören. Dafür sorgen schon die gut und gern 1600 Zuhörer aus der ganzen Republik, die das Karree auf engster Körperfühlung füllen und jeden Schritt und jedes Stück auf der Bühne ebenso euphorisch wie textsicher begleiten. Und noch ein Urgestein sticht nicht nur wegen seines knallroten Overalls aus dem Sextett heraus: Gitarrist Gerhard Gmell, der als Barny Murphy seinen Chuck Berry so verinnerlicht hat wie nur wenige Kollegen hierzulande.

Und während vom „Rock’n’Roll Schuah“ über „Radio, Radio“ bis hin zu weiteren Klassikern vieles zum überraschend weiß-blauen Wolkengemälde über der Teckstadt aufsteigt, wird im Schatten der Stadtmauer – schließlich, endlich und auch irgendwie erlösend – der Kulthit vom Sperrbezirk samt Skandal um Rosie zelebriert. Klar, dass danach an Zugaben nicht gespart wurde. Und auch die Bastionsband hatte als Vorgruppe und Aufheizerformation tatkräftig zum Gelingen des denkwürdigen Abends ihren Tribut geleistet.

So, wie am Samstag bei den Spiders die Post abging, war es für das Gros der Feiernden wohl unvorstellbar, dass noch vor anderthalb Jahren hinter dem Openair-Engagement der Bastioniken in der bisherigen Form ein dickes Fragezeichen stand. „Der Besuch am Samstagabend war stark rückläufig“, sagt Günther Scheuring vom zuständigen Ausschuss. Die Leute seien entweder beim Stadtfest „hocken geblieben“, wo ja auch die unterschiedlichste Musik geboten wird, oder aber sie hätten nicht verstanden, dass am Rollschuhplatz fünf oder zehn Euro verlangt werden.

Die Karten waren ruckzuck weg

Es musste also trotz anfänglichem Bauchweh der Verantwortlichen ein Top-Ereignis her. Und die Rechnung ist aufgegangen, auch wenn 35 Euro Eintritt wahrlich kein Pappenstiel sind. Scheuring: „Ruckzuck waren die Karten deutschlandweit weggegangen!“

Am Sonntag war dann beim Rollschuplatz-Openair traditionell und bei freiem Eintritt der Familientag angesagt. Mit Rockabilly und Country zur Weißwurscht, serviert vom Johnny Trouble Trio und Mountain Minor, mit der Band Blues Berry Shake von der Musikschule, dem schwäbischen Clowntheater Ätschegäbele, das für die Jüngsten so manche Begebenheit aufspießte, sowie Mash Rock mit Groove Digger und einem AC/DC-Tribute durch fünf Ladys. Letztere agierten unterm Namen She’s got balls – was ja rein anatomisch auf Anhieb nicht so leicht einzuordnen ist.