Zwei Jugendliche, die im vergangenen Sommer ein Schaf ins Schwimmbecken des Kirchheimer Freibads geworfen haben, sind vom Amtsgericht verurteilt worden. Das Tier war jämmerlich ertrunken.

Kirchheim - Nicht nur die Kirchheimer Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker ist im vergangenen Sommer „fassungslos und entsetzt“ gewesen, nachdem ein Mitarbeiter des städtischen Freibads am frühen Morgen des 21. Juni ein ertrunkenes Schaf im Schwimmerbecken entdeckt hatte. Das Tier war in der Nacht zuvor ins Wasser geworfen worden, wo es elendig verendete. Die beiden für den Tod des Tieres verantwortlichen Jugendlichen sind am Donnerstag vom Amtsgericht Kirchheim wegen eines gemeinschaftlichen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz sowie wegen Hausfriedensbruchs verurteilt worden.

 

Einträchtig sitzen der heute 17-Jährige und sein ein Jahr jüngerer Kumpane nebeneinander auf der Anklagebank. Doch zu ihren Aussagen, was sich in jener Nacht zugetragen hat, passt das an sich harmonische Bild nicht. Denn sie schildern den Kern des Geschehens völlig unterschiedlich. Zwar sind sie sich noch darin einig, dass es der 17-Jährige damals als „witzige Idee“ empfunden hatte, nach einer feuchtfröhlichen Feier das etwa vier Monate alte Lamm aus einem Pferch zu stehlen, es in die Kirchheimer Innenstadt zu tragen und dort auszusetzen. Doch das etwa 20 Kilogramm schwere Merinoschaf wurde ihnen alsbald zu schwer und der jüngere schlug vor, es in dem umzäunten Freibadgelände laufen zu lassen. Schon zuvor hatte er offenbar mehrfach darauf gedrängt, das kleine schwarze, etwas kränkliche Lamm wieder zur Herde zurückzubringen – eine Zeugin bestätigt diese Darstellung des jungen Mannes.

Dumme Aktion artet in üble Tierquälerei aus

Erst nachdem das Duo das Lamm über den Zaun gehievt hatte, artete die dumme Aktion zu einem üblen Akt der Tierquälerei aus. Der 16-Jährige sagt aus, das total verängstigte Lamm habe in seiner Panik den Komplizen „angepisst“, worauf der es gepackt und mit dem Ausruf „Scheiß Schaf“ ins Becken geschleudert habe. Sie hätten zunächst noch am Rand des 50 mal 25 Meter großen Edelstahlbassins nach dem Tier gesucht, doch es sei „Richtung Mitte geschwommen“. Daraufhin hätten sie das Gelände fluchtartig verlassen – jeder für sich.

Der heute 17-Jährige behauptet hingegen, sie hätten sich mit dem Tier auf eine der roten Bänke am Beckenrand gesetzt. In einem Augenblick der Unachtsamkeit habe sich Merinolamm losgerissen und sei geradewegs ins Wasser gesprungen. Eine Darstellung, die ihm im Gerichtssaal kaum einer abnimmt. Schon der ermittelnde Polizeibeamte hatte nach den Vernehmungen im Vorfeld die Version des 16-Jährigen als „glaubhaft“ eingeschätzt, wogegen der 17-Jährige „die Schuld eher auf seinen Kumpel abdrücken wollte“.

Der 16-Jährige hatte sich kurz nach jener Nacht selbst bei der Polizei gemeldet. Sein Komplize war aufgeflogen, weil er laut dem Polizeibeamten in einem Telefongespräch mit einem Freund mit der Tat geprahlt, diese als lustig dargestellt und mit dem Spruch „es ist ja nur ein Schaf“ abgetan habe. Die Mutter des Angerufenen informierte daraufhin die Polizei.

Angeklagte müssen Aufsätze schreiben

Unabhängig von den unterschiedlichen Aussagen der Angeklagten steht aber eines fest: Keiner der beiden ist damals auf die Idee gekommen, das arme, um sein Leben kämpfende Tier aus dem Wasser zu retten. Die Erklärungen für dieses Verhalten – „zu betrunken“ oder „schlechter Schwimmer“ – sind äußerst dürftig. Die Richterin Franziska Hermle verurteilt die Angeklagten, gemeinnützige Arbeit zu leisten: den 17-Jährigen zu 120, seinen Nebensitzer zu 60 Stunden. Zudem müssen sie de Eigentümer des Schafes den Wert des Tieres von etwa 100 Euro ersetzen. Weiter muss jeder von ihnen einen vierseitigen Aufsatz verfassen zu dem Thema „Warum der Mensch Tiere schützen soll“ beziehungsweise „Welche Verantwortung trage ich in der Gesellschaft für mich und andere?“. Sollten sie die Auflagen nicht erfüllen, drohe ihnen bis zu vier Wochen Ungehorsamsarrest.

Die Richterin hofft, den beiden jungen Angeklagten ist nun endgültig bewusst, welches Leid sie dem Tier zugefügt haben. „Erstaunlich“ findet sie aber auch, dass eine Körperverletzung, die einem anderen Menschen zugefügt wird, von der Öffentlichkeit in der Regel nicht so scharf verurteilt werde, wie in diesem Fall die Tierquälerei durch die beiden Jugendlichen.