Kirchheimer Altenpflegehelfer aus Gambia Die Hoffnung auf eine Rückkehr nach Deutschland ist erst einmal begraben

Was für Sedia Kijera bleibt, ist die Erinnerung an seine Kollegen und Freunde im Kirchheimer Pflegeheim. Foto: privat/privat

Die Unterstützer des gambischen Altenpflegehelfers Sedia Kijera legen dennoch Widerspruch bei der Botschaft in Dakar ein. Aber inzwischen gibt es ganz neue Pläne.

Es ist die wohl allerletzte Möglichkeit, im Fall des gambischen Altenpflegehelfers Sedia Kijera bei den Behörden doch noch eine Wendung und damit eine Rückkehr nach Deutschland zu erreichen: Dessen Unterstützer, allen voran Götz Schwarzkopf von der Flüchtlingshilfeorganisation Seebrücke in Kirchheim, wollen noch in dieser Woche bei der Deutschen Botschaft im senegalesischen Dakar Einspruch gegen die Ablehnung eines Arbeitsvisums einlegen.

 

Denn: „Die Ablehnung ist aufgrund einer falschen Faktenlage erfolgt“, sagt Schwarzkopf. Begründet worden sei sie nämlich damit, dass der gesetzlich geltende Mindestlohn im Arbeitsvertrag nicht garantiert und die Rückzahlung der Kosten der Abschiebehaft nicht erfolgt sei. Beides sei nicht zutreffend. „Der unbefristete Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2023 wurde inzwischen den neuen gesetzlichen Regelungen angepasst, und für die Kosten der Abschiebehaft wurde sowohl eine Ratenzahlung genehmigt als auch die Möglichkeit einer Zahlung auf einmal durch die Awo angeboten, wenn Kijera zurückkehren darf“, betont Schwarzkopf.

Klage gegen Eintragung im Bundeszentralregister

Sollte der Rechtsbescheid über den Einspruch negativ sein, könne und werde man – Stand jetzt – dagegen klagen. „Die Zielsetzung dabei ist, gegen die Vorstrafeneintragung im Bundeszentralregister vorzugehen, um diese im Idealfall löschen oder zumindest so weit wie möglich herabstufen zu lassen“, erklärt der Kirchheimer. „Denn das betrifft ja auch viele andere Menschen, nicht nur Herrn Kijera. Und diese Rechtssituation sollte man aus meiner Sicht überdenken.“

Doch für Kijera, der seit seiner freiwilligen Ausreise im Februar, mit der er einer Abschiebung zuvorkam, wieder in Gambia lebt, muss es schon vorher irgendwie weitergehen. Fest steht: Sein großer Traum ist erst einmal geplatzt. Die Rückkehr an seinen Arbeitsplatz im Pflegeheim Am Mühlbach in Kirchheim und zu seinen Bekannten und Freunden ist in weite Ferne gerückt. Die vergangenen Wochen und Monate waren von Verzweiflung, Enttäuschung und Mutlosigkeit geprägt. Die Hoffnungslosigkeit war phasenweise so groß, dass der Gambier im Weiterleben keinen Sinn sah. „Ins Paradies zu gehen ist einfacher, als nach Deutschland zu gehen“, sagt der 29-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.

Eine Zukunft als Hühnerhalter in der Heimat

Seine Unterstützer haben ihm beständig Mut zugesprochen und Perspektiven aufgezeigt – und inzwischen versucht Sedia Kijera, im Überlebensmodus Fuß zu fassen. „Meine Hoffnung auf eine Rückkehr nach Deutschland ist sinnlos“, sagt er. Hoffnung setzt er jetzt in ein Zukunftsprojekt vor Ort in Farato, einer kleinen Stadt mit knapp 7000 Einwohnern. Farato liegt in der West Coast Region, im Distrikt Kombo South, ungefähr viereinhalb Kilometer von der atlantischen Küste entfernt.

Der 29-Jährige will auf einem Grundstück, das ihm gehört, eine Hühnerfarm aufbauen. Zwischen 200 und 250 Tiere sollen es werden. „Weniger sollten es nicht sein, denn ich muss ja von dem Verkauf der Eier leben können“, sagt Sedia Kijera. Die Idee ist in vielen Gesprächen mit seinen deutschen Freunden entstanden. Als Startkapital sollen die Spendengelder verwendet werden, welche die Kosten der Abschiebehaft begleichen sollten – eine der Voraussetzungen, damit Kijera überhaupt jemals wieder nach Deutschland kommen kann. „Es geht darum, dass Sedia Kijera wieder selbst über sein Leben bestimmen kann, statt auf Behördenentscheidungen mit ungewissem Ausgang zu warten“, betont Götz Schwarzkopf. Sollten die Spender mit der neuen Verwendung ihrer Gelder als Starthilfe in Gambia nicht einverstanden sein, könnten sie sich melden und bekämen das Geld zurücküberwiesen.

Der Arbeitsplatz ist besetzt, aber ein neuer wäre jederzeit möglich

Und wie geht es im Kirchheimer Awo-Pflegeheim Haus am Mühlbach weiter, wo man die ganze Zeit Kijeras Arbeitsplatz freigehalten hat? Dazu sagt die Einrichtungsleiterin Daniela Lehmann: „Die Stelle ist jetzt vergeben, auch im Interesse unserer Mitarbeiter, die nicht ewig die Mehrarbeit schultern konnten.“ Sie hätte Sedia Kijera sehr gern als Mitarbeiter zurückgeholt, aber die Hoffnung darauf hätten sie für die nächste Zeit begraben. „Es war uns aber wichtig, ihm eine Perspektive zu geben.“ Und sollte er doch einmal zurückkehren, bekäme er als ausgebildeter Pflegehelfer sofort irgendwo im Awo-Pflegeheimverbund einen Job.

Ein Restfunken Zuversicht glimmt auch noch in Kijera: „Ich hoffe weiter, dass ich irgendwann einmal wieder nach Deutschland kann, aber ich muss mir jetzt Schritt für Schritt etwas aufbauen und bin sehr dankbar für die Unterstützung aus Deutschland.“

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