Die Sanierungen am Kirchturm in Hildrizhausen laufen, doch es dauert länger als gedacht. Geplant war, dass das 45 Meter hohe Gerüst bis November steht, nun wird es wohl Mai. Es gibt immer wieder Überraschungen.

Hildrizhausen - Es ist spät am Nachmittag und die Dämmerung legt sich bereits über Hildrizhausen. Die Fenster der Kirche sind erleuchtet. Durch die Schwingtür ins Innere der Kirche, wandert der Blick an die Decke. Schnelle Schritte auf knarzendem Holz sind von dort oben zu hören, als wäre jemand auf dem Dachboden der Kirche unterwegs. Die Treppe zur Empore hinaufgestiegen, erscheint auch schon der Hausemer Pfarrer Andreas Roß im Rahmen einer schmalen Tür. Er leitet den Weg eine steile Treppe hinauf zurück auf die Ebene, die er zuvor noch eiligen Schrittes überquert hatte. Steile Holztreppen führen zu einer weiteren Tür im Gemäuer: Dann geht es weiter hinauf auf ein Geschoss, auf dem das Fachwerk im Gemäuer hervorblitzt.

 

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Dort ist die Arbeit der Restauratoren zu sehen: Die maroden Teile der alten Balken sind mittlerweile ersetzt durch neues Holz, passgenau eingesetzt. „Das passt auf den Millimeter“, erklärt Pfarrer Roß stolz. Langsam arbeiten sich die Fachwerkrestauratoren von unten nach oben den Turm hinauf und tauschen auf ihrem Weg Schritt für Schritt Teile tragender Balken aus. Der Pfarrer Andreas Roß schätzt: „Zwei Drittel der Fachwerkarbeit ist erledigt. Im Dezember werden die Restauratoren am Dachtragewerk angekommen sein, im Januar kommen die Dachplatten wieder an ihren angestammten Platz.“

Nach 650 Jahren darf auch was kaputt gehen

Zur Zeit ist der Kirchturm in Hildrizhausen in ein Gerüst gekleidet, das 45 Meter in die Höhe ragt. Die Sanierung des Turms birgt sie immer neue Überraschungen. Mittlerweile rechnet Roß damit, dass das Gerüst bis Mai stehen bleibt und kalkuliert mit einer Rechnung von rund 770 000 Euro.

Turmhahn und Uhrzeiger werden neu vergoldet

Nach dem Dach steht der nächste Sanierungsschritt an, mit dem auch Pfarrer Roß nicht gerechnet hätte. An den Steingeschossen der unteren Hälfte des Turmes muss ebenfalls gearbeitet werden. Vor allem an den historischen Eckquadern des Turms nagt der Zahn der Zeit. Sie sind über die Jahre gerissen und müssen wieder zusammengefügt werden. 650 Jahre alt sind die Quader, erzählt Pfarrer Roß. „Da darf auch mal was kaputt gehen“, sagt er und lächelt. Neben der Restaurierung der Fugen steht die Erneuerung der Sonnenuhr aus dem Jahr 1964 auf dem Programm. Den Abschluss bildet die Ausbesserung der Putzschicht. Ganze vier Lagen wurden über die Jahre auf den Turm gespachtelt. Die unterste und damit älteste Schicht stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist noch großflächig erhalten.

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Nebenbei werden der Turmhahn und die Uhrzeiger neu vergoldet sowie die Ziffernblätter neu lackiert. Mit den Maßnahmen an den unteren Geschossen des Turms fallen nicht nur mehr Arbeiten an, sondern auch höhere Kosten: 160 000 Euro um genau zu sein. Davon soll die Denkmalförderung 40 000 Euro übernehmen, die Landeskirche 50 000 Euro. Auf die Kirchengemeinde entfallen nochmals 68 000 Euro zusätzlich.

Auf dem Gerüst wurde bereits eine Feuerwehr-Übung durchexerziert

Um Spenden zu sammeln, fand zuletzt ein Flohmarkt statt, der 1600 Euro eingebracht hat. Insgesamt 16 Familien machten mit und spendeten den Ertrag zur Finanzierung des Kirchturms. Und auch das Kirchturmfest, das an einem sonnigen Oktobertag stattfand, war ein voller Erfolg. Zusammen mit einem Team aus fleißigen Helfern hatte es Pfarrer Roß geschafft, zwei Ebenen des Baugerüsts so zu sichern, dass interessierte Hausemer sich die Baustelle mit eigenen Augen ansehen und die einmalige Aussicht genießen konnten. Dazu wurden die Ebenen mit Holzplatten ausgelegt und zusätzliche Geländer eingezogen. Vier Helfer aus der Gemeinde ließen sich sogar zum Bauaufzugführer ausbilden und fuhren insgesamt rund 150 Leute das Gerüst hinauf und wieder hinunter. „Das war sehr personalintensiv“, sagt Roß, doch er bereut nichts. „Es war kein Problem, Helfer zu finden, und die Leute haben es genossen.“

Bis Ende April sollen die Arbeiten am Kirchturm in Hildrizhausen noch gehen – vorausgesetzt es kommt nichts dazwischen.

Der Zeitplan für die Kirchturm-Sanierung

Dezember 2021
Fachwerksanierung soll fertig gestellt werden.

Januar 2021
Kirchendach wird wieder gedeckt.

März/April 2022
Fassadensanierung der unteren Hälfte des Turms beginnt.

Mai 2022
Die Sanierung wird abgeschlossen.