Seit 2017 wird Kirill Serebrennikow von den russischen Behörden wegen seiner liberalen, antikommunistischen Einstellung verfolgt. Am Mittwoch wurde bekannt, dass sein Vertrag als Leiter des Moskauer Gogol-Theaterzentrums nicht verlängert wird.

Moskau - Weniger als ein Jahr nach seiner Entlassung aus dem Hausarrest steht der russische Regisseur Kirill Serebrennikow vor den Trümmern seiner beruflichen Existenz. Wie die englischsprachige Online-Zeitung „The Moscow Times“ berichtet, gab die Moskauer Kulturbehörde am Mittwoch bekannt, dass sie den Vertrag des Intendanten am renommierten Avantgarde-Theater Gogol Center nicht verlängern wird. Er läuft bereits am 28. Februar aus. Noch am Vortag hatte der 51-jährige Serebrennikow, der das Haus seit 2012 leitet und zu einem kritischen, innovativen und populären Treffpunkt der künstlerischen und intellektuellen Elite gemacht hat, ambitionierte Pläne für dieses Jahr verkündet. Wer das Gogol Center ab März leiten soll, ist nicht bekannt.

 

Behörden unterstellen Serebrennikow Unterschlagung

Serebrennikow, der seit Anfang der 1990er Jahre für Bühne und Film arbeitet, hat sich in seinen Arbeiten stets mit den Schattenseiten der postkommunistischen russischen Gesellschaft auseinandergesetzt: Machtmissbrauch, Korruption, Illiberalität und der politische Einfluss der orthodoxen Kirche waren seine Themen. In den vergangenen Jahren bekam Serebrennikow die Folgen seiner Kunsteinstellung zunehmend zu spüren. Weil ihm die Behörden eine Unterschlagung von staatlichen Fördergeldern unterstellten, wurde er im August 2017 unter Hausarrest gestellt. Dieser wurde im Sommer 2019 zwar von einer Richterin aufgehoben, aber ein anderes Gericht führte das Verfahren fort. Im Juni 2020 endete dieses mit einem Schuldspruch: Serebrennikow wurde zu drei Jahren Haft auf Bewährung und zur Rückzahlung der laut Gericht „kriminell veruntreuten“ Summe von umgerechnet etwa 1,6 Millionen Euro verurteilt. Bis zur Zahlung dürfe er das Land nicht verlassen. Serebrennikow beteuerte, das Geld nicht zurückzahlen zu können.

Inszenierung von Richard Strauss’ „Salome“ in Stuttgart

Zahlreiche Kunstschaffende haben daraufhin mit Geldsammlungen begonnen.

Serebrennikow war international als Regisseur gefragt. In Stuttgart hat er 2015 eine viel beachtete Inszenierung von Richard Strauss’ „Salome“ geschaffen. Seine Regie von „Hänsel und Gretel“ an der Staatsoper konnte er 2017 wegen seiner Inhaftierung nicht vollenden.