Weitere Kita-Streiks sind gebannt: Verdi und die kommunalen Arbeitgeber haben einen Tarifabschluss erzielt. Nun geht es gerechter zu, als im Schlichtungsabkommen geplant. Das größte Manko der Vermittlung wurde beseitigt, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Hannover - Verdi-Chef Frank Bsirske hatte, wie es seine Art ist, zuletzt noch mal mächtig die Streikglocke geschlagen – am Ende hat er wieder einmal einer pragmatischen Lösung den Vorrang gegeben vor einer Fortsetzung des Arbeitskampfes. Die Vernunft hat gesiegt, denn dass die Streikdelegierten und die Mitgliederbasis Bsirske ein weiteres Mal zurückpfeifen, ist praktisch nicht denkbar.

 

Mehr als jetzt in Hannover vereinbart, wäre allenfalls bei einem enorm hohen Einsatz zu erreichen – wenn überhaupt. Verdi würde in dem Fall wohl nicht nur immer mehr Eltern sowie die Öffentlichkeit gegen sich aufbringen und damit dem eigenen Anliegen schwer schaden – auch die eigene Streikkasse würde arg belastet. Schon die bisher notwendigen Aufwendungen für die Mitgliederausstände gehen der Gewerkschaft an die Substanz.

Es geht gerechter zu als zunächst geplant

Die Lösung des Konfliktes besteht in einer Umverteilung des im Schlichtungsabkommen festgelegten Erhöhungsvolumens – die kommunalen Arbeitgeber mussten nur wenig mehr drauf legen. Relativ wenige Beschäftigte bekommen jetzt weniger, als noch Mitte August vereinbart, und viele bekommen etwas mehr. Es geht also gerechter zu als zunächst geplant. Dieser Schritt war zwingend notwendig, da ausgerechnet die Gewerkschaftsführer den Solidaritätsgedanken in den Reihen der Streikenden völlig unterschätzt hatten. Sie hatten ignoriert, dass alle diejenigen vom Abschluss profitieren wollen, die den Arbeitskampf tatkräftig unterstützt haben. Jetzt wurde das größte Manko des Schlichterspruchs beseitigt.

Verdi hatte bei den Beschäftigten zu hohe Erwartungen geweckt. Dadurch kam es zu dieser hochbrisanten Situation mit dem Veto der Basis gegen die Schlichterempfehlung. Doch nie zuvor auch wurde in einem solchen Maße über den Stellenwert von Erziehung und Sozialarbeit diskutiert. Schon dies ist ein Erfolg der Gewerkschaften. Der starke Flüchtlingszuzug lässt diese Debatte noch dringlicher erscheinen. Die Ausbildung von Kleinkindern ist für das Gelingen der Integration von zentraler Bedeutung. Dafür braucht es gut vorbereitetes und motiviertes Personal. Die Aufwertungskampagne hat dazu beigetragen, die Attraktivität des Berufsfeldes zu steigern. Dass die Resultate mehr Geld kosten, ist klar. Am Ende werden alle Bürger einen Tarifabschluss bezahlen, der für die ganze Gesellschaft einen Sinn ergibt.