Auch in Stuttgart besteht seit 1. August Rechtsanspruch auf Kleinkindbetreuung. Die große Klagewelle ist jedoch bislang ausgeblieben: Obwohl Tausende Kita-Plätze fehlen, sind beim Verwaltungsgericht nur vier Klagen eingegangen.

Stuttgart - Seit 1. August können Eltern von ein- und zweijährigen Kindern einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz einklagen – doch die große Klagewelle ist bisher ausgeblieben. Im Verwaltungsgericht seien bisher vier Verfahren eingegangen, sagt dessen Sprecherin Kerstin Wilke. Zwei Klagen und zwei Eilanträge. Diese richten sich alle gegen die Landeshauptstadt. Eine Klage sei inzwischen zurückgezogen worden – vermutlich, weil ein Platz gefunden worden sei, so Wilke.

 

Es könnte allerdings gut sein, dass auf das Verwaltungsgericht noch mehr Arbeit zukommt. Denn erstens „gibt es nach wie vor mehr Anmeldungen als Kitaplätze“, wie Heinrich Korn sagt, der Vizechef des Stuttgarter Jugendamts. Zweitens hätten beim Jugendamt bisher Eltern für 75 Kleinkinder ihren Rechtsanspruch geltend gemacht: 30 davon zum 1. August, 32 zwischen 2. August und 31. Dezember und 13 für das Jahr 2014. Davon hätten drei ihren Antrag inzwischen zurückgezogen. Der Antrag und der Bescheid der Stadt sind die Voraussetzung dafür, um überhaupt den Klageweg beschreiten zu können.

Wer mit einer Klage droht, verschafft sich keinen Vorteil

Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer stellt aber klar: „Es kriegt keiner einen Vorteil dadurch, dass er einen Antrag stellt oder uns mit einer Klage droht.“ Korn ergänzt: „Wir halten keine Plätze zurück, um Leute im Verfahren zu befriedigen. Und wir umgehen auch nicht unsere Betriebserlaubnis und nehmen einfach mehr Kinder auf. Bei uns kann man sich drauf verlassen, dass bei allen derselbe Maßstab angelegt wird.“

Entscheidend für die Platzvergabe in den Kitas sei wie bisher die Rangfolge auf der Warteliste. Und die erfolge nach klaren Kriterien: Demnach haben Kinder von Alleinerziehenden, die berufstätig sind, Vorrang. Weitere Kriterien seien, ob beide Eltern beschäftigt sind, ob bereits ein Geschwisterkind in der Kita ist sowie das Alter des aufzunehmenden Kindes. Auch andere Kitaträger erstellen ihre Warteliste nach klar definierten Kriterien. Für die Erfüllung des Rechtsanspruchs ist jedoch in allen Fällen die Stadt zuständig.

Doch was können die Eltern tatsächlich einklagen? „Sie können auf Schadensersatz klagen, müssen den entstandenen Schaden aber tatsächlich nachweisen“, so Korn. Das Verwaltungsgericht prüfe nur, ob die Stadt rechtmäßig gehandelt habe. Isabel Fezer ist sich in einem Punkt sicher: „Eltern haben keinen Anspruch darauf, direkt neben der Wohnung oder ihrem Arbeitsplatz einen Kitaplatz zu bekommen.“ Darüber, welche Entfernung zumutbar sei, hätten die Gerichte zu entscheiden.

Eilverfahren beantragt

Allerdings stellt sich diese Frage so jetzt nicht. „Derzeit sind alle Plätze für unter Dreijährige vergeben“, teilte die Stadt einer der Klage führenden Familien mit. Die Eltern eines zweijährigen Mädchens hatten zuvor vergeblich versucht, ihr Kind in einer Ganztagskita unterzubringen. Nach dem ablehnenden Bescheid der Stadt vom 26. Juli hatten sie am 5. August beim Verwaltungsgericht einen Eilantrag gestellt. Die Entscheidung des Gerichts steht noch aus. Die durchschnittliche Dauer zur Entscheidung von Eilanträgen liege bei 1,9 Monaten.

In einem weiteren Fall lehnte das Verwaltungsgericht einen am 7. Juli eingegangenen Eilantrag ab. Hier hatten die Eltern bei der Stadt beantragt, dem Kind von 1. November 2013 an einen Kitaplatz zur Verfügung zu stellen. Das Gericht begründete seine Ablehnung damit, dass der Antrag seitens der Stadt noch nicht beschieden worden sei. Da das Verwaltungsverfahren laufe, die Stadt aktuell den Anspruch des Kindes prüfe und bis zum Beginn der begehrten Betreuung noch fast drei Monate lägen, sei es für das Kind zumutbar, die Entscheidung der Stadt abzuwarten, teilte das Gericht den Eltern am 6. August mit. In einem weiteren Fall erreichte das Verwaltungsgericht am 29. Juli eine Untätigkeitsklage, da die Stadt noch keinen Bescheid erlassen habe. Das Gericht prüfe nun, ob diese Klage zulässig sei.

Korn rechnet mit weiteren Verfahren. Doch er geht auch davon aus, „dass viele Eltern trotz großer Betreuungsnot den Rechtsweg nicht beschreiten“. Denn einen Platz beschert ihnen die Klage nicht.