Klage der Deutschen Umwelthilfe Ist Kappung der Gäubahn rechtswidrig?
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht die geplante, mehrjährige Unterbrechung der Gäubahn in Stuttgart nicht durch die Planfeststellung gedeckt. Nun läuft ein Ultimatum.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht die geplante, mehrjährige Unterbrechung der Gäubahn in Stuttgart nicht durch die Planfeststellung gedeckt. Nun läuft ein Ultimatum.
Die Gegner der mehrjährigen Abkoppelung der Gäubahn vom Stuttgarter Hauptbahnhof im Gefolge von Stuttgart 21 machen einen neuen juristischen Anlauf, um dieses Vorhaben zu stoppen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hält diesen Plan, der für sieben Jahre die Verbindung in Stuttgart-Vaihingen enden lassen würde, nämlich für rechtswidrig, weil er von den bisherigen Planfeststellungsbeschlüssen nicht gedeckt ist.
Ein von dem Berliner Verwaltungsrechtler Remo Klinger, verfasstes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass höchstens eine Unterbrechung von wenigen Monaten juristisch wasserdicht ist. „In der Planfeststellung wird mehrfach die Notwendigkeit betont, dass es für die Anbindung der Gäubahn eine unmittelbare zeitliche Abfolge braucht“, sagte der Anwalt, der die DUH regelmäßig vertritt. Die Umwelthilfe, die sich im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung als klageberechtigt sieht, hat deshalb das für die Planung zuständige Eisenbahnbundesamt ultimativ aufgefordert, entweder ein Verfahren zur Planänderung oder gleich ein neues Planfeststellungsverfahren einzuleiten.
„Wenn das Amt binnen eines Monats nicht tätig wird, werden wir gegen das Bundesamt Klage beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim einreichen“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Ziel ist es, dass zumindest so lange wie es keine andere Anbindung der Gäubahn etwa durch eine geplante neue Strecke über den Stuttgarter Flughafen gibt, einige oberirdische Gleise am Stuttgarter Hauptbahnhof erhalten bleiben. Nur dadurch sei eine direkte Anbindung ohne Umsteigen möglich, sagte Resch: „Wir glauben nicht, dass eine solche Umplanung die Inbetriebnahme des neuen Stuttgarter Tiefbahnhofs verzögern muss.“ Es werde sicherlich Auswirkungen auf die von der Stadt Stuttgart geplante Bebauung haben und dort wohl zu Verzögerungen führen.
Die Stadt Stuttgart lehnt ergänzende oberirdische Gleise ab, weil sie die durch Stuttgart 21 frei werdenden Flächen verringern. Das baden-württembergische Verkehrsministerium hat ein entsprechendes Konzept, das man auch für die Bewältigung des Verkehrsaufkommens für notwendig hielt, erst vor kurzem mangels nachgewiesenem Bedarf aufgegeben. Auch eine Verzögerung der Bebauung hätte rechtliche Verwicklungen zur Folge: Das Gelände gehört der Stadt Stuttgart und die Bahn ist zur Räumung der Gleise innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet – und im Falle weiterer, dann sicher langjährigen Verzögerungen zumindest in Teilbereichen womöglich zu Schadenersatz verpflichtet.
Es ist nicht der erste Versuch, die Abkoppelung der Gäubahn vom Hauptbahnhof in Stuttgart auf dem Rechtsweg zu verhindern. Im vergangenen Jahr hatten einige an der Strecke liegenden Kommunen ein juristisches Gutachten in Auftrag gegeben, welches das Stilllegungsverfahren für die bisherige, Panoramabahn genannte, Teilstrecke der Gäubahn in den Stuttgarter Talkessel für rechtswidrig hielt. Die Kommunen waren in dem Fall aber nicht klageberechtigt. Der Landesnaturschutzverband hat auf dieser Grundlage dann auch lediglich eine – bisher nicht beantwortete – Prüfungsanfrage an das Eisenbahnbundesamt gestellt.
Die Umwelthilfe will nun aber definitiv den Rechtsweg einschlagen, dazuhin gleich bei einer höheren Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Zudem ist die Rechtsgrundlage eine andere. „Wir haben als Ansatzpunkt das Planungsrecht und nicht das Stilllegungsverfahren,“ sagte Rechtsanwalt Klinger. Auch einen möglichen Angriffspunkt über das Europarecht, wegen der Abkoppelung von Millionen Menschen von einem europaweit bedeutenden Verkehrsweg, verfolge man mit dem aktuellen Vorgehen nicht weiter.
Bei der Präsentation der Umwelthilfe bekräftigten eine Reihe von Oberbürgermeistern aus Städten entlang der Strecke die aus ihrer Sicht gravierenden Auswirkungen der bisherigen Planung. Die Verbindung von Konstanz und der Schweiz werde durch den Umsteigezwang so unattraktiv, dass entgegen aller Ziele des Klimaschutzes man Richtung Stuttgart wieder auf das Auto umsteigen müsse, sagte der Konstanzer Oberbürgermeister Ulrich Burchart. „Ursprünglich war von einer Unterbrechung für vier bis sechs Monate die Rede“, sagte der Böblinger OB Stefan Belz: „Dass es nun sieben oder eher zehn Jahre werden, ist ein Fiasko.“