Seit vielen Jahren kämpft eine 82-jährige Frau darum, auf Sparkassen-Formularen als solche wahrgenommen zu werden. Auch in oberster Instanz scheitert sie – zumindest formal.

Karlsruhe - Der Kampf um geschlechtergerechte Sprache auf Formularen - er ist noch lange nicht zu Ende. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine entsprechende Beschwerde nicht zur Entscheidung annahm, zieht Klägerin Marlies Krämer nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). „Ich gebe nicht auf, ich mache weiter, bis das Rennen gelaufen ist“, sagte die 82 Jahre alte Frauenrechtlerin der dpa am Mittwoch. Sie hatte sich gegen die Praxis gewandt, dass Sparkassen in ihren Vordrucken und Formularen keine weiblichen Personenbezeichnungen wie „Kundin“ oder „Kontoinhaberin“ verwenden. Das höchste deutsche Gericht wies laut Mitteilung vom Mittwoch die Klage dagegen wegen Mängeln in der Begründung ab. Damit bleibt die Welt der Formulare bis auf weiteres männlich. Über die rechtliche Frage entschied das Gericht allerdings nicht inhaltlich. (Az. 1 BvR 1074/18)

 

Krämer geht es ums Prinzip. Sie hatte ihre Sparkasse im Saarland verklagt und war 2018 mit 80 Jahren bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen, weil sie auch in Formularen sprachlich als Frau wahrgenommen und angeredet werden will. In allen Instanzen war sie gescheitert. Der BGH entschied, dass das sogenannte generische Maskulinum im Sprachgebrauch üblich sei und keine Geringschätzung gegenüber Menschen anderen Geschlechts zum Ausdruck bringe. Die Form werde auch in vielen Gesetzen und selbst im Grundgesetz verwendet.

Klägerin zeigt sich empört

„Unerhört, untragbar und rechtswidrig“ findet Krämer das. „Die Männer sind immer präsent, sie werden immer genannt und wir werden mit dem generischen Maskulinum totgeschwiegen und so werden wir gesellschaftlich auch behandelt“, sagte sie. Dass ihre Verfassungsbeschwerde nun gar nicht erst zur Entscheidung angenommen wurde, sei zusätzlich empörend. „Für mich hört sich das an wie an den Haaren herbeigezogen.“ Bezeichnend sei überdies, dass die Ablehnung von drei männlichen Verfassungsrichtern unterzeichnet worden sei.

Ein neuer Anlauf könnte möglicherweise zwar lohnen: „Wäre über die Verfassungsbeschwerde in der Sache zu entscheiden, führte dies zu ungeklärten Fragen der Grundrechtsrelevanz der tradierten Verwendung des generischen Maskulinums sowie zu Fragen der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung von Gleichstellungsgesetzen, die die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache vorschreiben“, teilte das Gericht mit. Laut Susanne Christ, Anwältin von Krämer, wäre davor zunächst aber erneut der Weg durch alle Instanzen notwendig.

Der Weg zum EGMR sei hingegen frei, nachdem Krämer den Rechtsweg in Deutschland nun vollständig ausgeschöpft hat. „Wir reichen fristgemäß Klage ein, das ist beschlossene Sache“, sagte Christ. „Meine Mandantin ist eine Kämpferin.“ Allerdings wird es nach ihren Worten zwei oder drei Jahre dauern, bis die Straßburger Richter darüber entschieden haben. Krämer sieht dem gelassen entgegen und freute sich unterdessen über den Zuspruch zahlreicher Unterstützerinnen und - Unterstützer. „Zum Glück gibt es ja auch viele lernfähige Männer. Auch das hält meinen Motor am laufen.“