Klage über Zustände in Stuttgart Kleiner Schlossplatz – ein Albtraum?

Der Kleine Schlossplatz an einem Samstagabend im Januar: Die Polizei fährt wieder vor. Foto: 7aktuell/Simon Adomat

Der Referent des Oberbürgermeisters und CDU-Kreisvorsitzende löst mit seiner scharfen Kritik an den nächtlichen Zuständen in der Stuttgarter City eine heftige Debatte aus.

Stuttgart - Ein schöner Samstagabend sollte es werden. Thrasivoulos Malliaras schaute „Nightmare Alley“ im Gloria-Kino – der Streifen von Guillermo del Toro erzeugt Gänsehaut. Doch was der 29-jährige Stuttgarter CDU-Kreischef und Referent von OB Frank Nopper vor und nach der Vorstellung erlebte, hat ihn nicht minder gegruselt.

 

Weil ihn die „aufgeladene Stimmung“ in der City, die „machtlose Polizei“ inmitten von „unschönen Szenen“ so aufgewühlt hat, machte Malliaras anderntags über Facebook seinem Ärger Luft. Damit hat die neue Hoffnung der Stuttgarter CDU im Netz große Resonanz ausgelöst. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel Zustimmung erhalte“, sagt der 29-Jährige unserer Zeitung, „was ich beobachtet habe, ist nicht neu.“

Schaurige Atmosphäre für den OB-Referenten

Neu ist allerdings, dass sich die rechte Hand des Stuttgarter CDU-OB so klar positioniert. Stellt Malliaras damit auch seinem Chef ein schlechtes Zeugnis aus, weil dessen Wahlkampfforderung nach innerer Sicherheit bisher wohl verpufft ist?

Der Arnulf-Klett-Platz: „Dort posieren aufgemotzte S-Klassen mit Fahrern, die im Alter zwischen Pubertät und ,Was fange ich mit meinem Leben an‘ stehen. Fenster runter. Musik am Anschlag. Verkehr wird ausgebremst. Zumeist Doppelkennzeichen.“ Die Königstraße: „Dort wird man von Müll der Fast-Food-Ketten begrüßt. Flankiert wird das Ganze durch herumschreiende Jugendliche, die das Benutzte liegen lassen. Ein paar Schritte weiter, noch gar nicht am Schlossplatz angekommen, wird fröhlich an die Fassade des Handels uriniert.“ Die Freitreppe des Kleinen Schlossplatzes: „Szenen wie aus einem schlechten Bushido-Film.“ Gruppen von jungen Mädels und Jungs belagerten die Treppe: „Überall laute Musik, mal wird gegen am Boden liegende Flaschen getreten. Die Atmosphäre ist schaurig.“

Was gibt es noch außer Platzverbote?

Die Theodor-Heuss-Straße: „Erneut eröffnet sich uns ein Bild der Unzivilisiertheit. Da sind sie wieder. Aber en masse. Aufgemotzte Karren. Laute Musik. Mal wird mitten auf der Straße angehalten, um Nummern zu tauschen. Alle hupen. Die Polizei ist vollkommen überfordert.“ Sein Fazit: „Das Herz der Stadt ist ein unschöner Ort. Und ja, so offen müssen wir sein: Die Szenerie ist migrantisch geprägt. Höchstproblematisch. Viel Spaß der mobilen Jugendarbeit. Es hilft nur noch eins: Law & Order!“

Eine Kritik an der Rathauspolitik ist dies laut Malliaras nicht. „Ich bin voll auf der Linie vom OB“, sagt er. Die Beschreibung seines Referenten treffe „an manchen Wochenendtagen leider zu“, erklärt OB Frank Nopper am Abend: „Wir müssen Posern und Leuten, die auf niemanden Rücksicht nehmen, besser Einhalt gebieten – in einer Mischung aus Prävention und Repression.“ Hierfür bräuchten Polizei, Vollzugsdienst und Mobile Jugendarbeit die volle Unterstützung von Land, Stadt und Bürgerschaft.

Demnächst wird sich auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) dazu äußern müssen. Bereits im Dezember 2021 hat der Stuttgarter FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Haag eine Anfrage zu den Zuständen eingereicht. „Das kann doch nicht sein, dass der Schlossplatz auch bundesweit so berüchtigt ist wie einst das Neckartor als Ort der größten Luftverschmutzung“, sagt Haag. Offenbar habe sich in den vergangenen 18 Monaten nichts Wesentliches geändert. Am 3. Februar erwartet er von Strobl Antworten.

Ein Thema demnächst auch im Landtag

Dass der Platz weiterhin ein Brennpunkt ist, beklagt Maximilian Schlier, der Centermanager der Königsbaupassagen. „Wenn es dunkel wird, lassen wir von Donnerstag bis Samstag den Eingang zum Kleinen Schlossplatz dauerhaft von einem Sicherheitsdienst überwachen“, sagt er. Es sei trauriger Alltag, dass es unter den Jugendlichen und Heranwachsenden Alkoholexzesse und Streit gebe, leere Wodkaflaschen fliegen, massenhaft gegen Coronaauflagen verstoßen werde.

Was die Polizei unternimmt

Und die Polizei? „Wir sind dauernd sehr präsent und schreiten frühzeitig ein“, sagt Polizeisprecher Stephan Widmann. In letzter Zeit seien wieder 40- bis 50-köpfige Gruppen unterwegs. „Die sind jünger als das bisher übliche Publikum“, sagt Widmann. Viele kämen aus dem Umland. Noch laufe aber nichts aus dem Ruder. Freilich: Die wärmeren Abende kommen erst noch.

Neben mehr Polizeipräsenz soll bald mehr Videoüberwachung helfen. Die Stadt hatte das Projekt bis Herbst liegen lassen – demnächst sollen aber die ersten vorbereitenden Arbeiten für Videoaugen am Kleinen Schlossplatz beginnen. Um die echten „Nightmares“ rechtzeitig zu erkennen.

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