Der Handelsverband Baden-Württemberg kritisiert den hohen bürokratischen Aufwand und die Kosten gerade für kleinere Betriebe. In der Frühjahrs-Konjukturumfrage springt das Thema Bürokratie „dank“ der DSGVO von Platz fünf auf Platz eins der größten Gefahren.

Stuttgart - Hermann Hutter möchte nicht falsch verstanden werden: Datenschutz sei eine wichtige Sache und jeder Einzelhändler, der Daten seiner Kunden sammele, müsse sorgsam mit diesen Informationen umgehen, stellt der Präsident des Handelsverbandes Baden-Württemberg am Montag in Stuttgart klar. Doch die umfangreichen Dokumentationspflichten und die damit verbundenen Kosten, mit denen Unternehmen durch die zum 25. Mai in Kraft getretene neue EU-Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO, konfrontiert seien, belastete gerade kleinere Händler über die Maßen stark.

 

Hutter nennt das Beispiel eines inhabergeführten Juweliers, der nach mehreren Überfällen eine Überwachungskamera vor seinem Laden installiert habe: „Der Mann betreibt sein Geschäft seit vielen Jahren allein mit seiner Frau“, schildert der Verbandsvertreter. Durch die neuen Regeln sei er nun gezwungen, einen externen Datenschutzbeauftragten zu beschäftigen. Das koste ihn eine vierstellige Summe und zehre einen beträchtlichen Anteil seines Jahresüberschusses auf. „Dieser Mann versteht die DSGVO als Angriff auf seine wirtschaftliche Existenz“, so Hutter.

Kleine Betriebe fühlen sich aus dem Markt gedrängt

Auch Verbandsgeschäftsführerin Sabine Hagmann kritisiert die Reform mit scharfen Worten: „Die Bleiwüste aus Vorschriften überfordert viele Unternehmen.“ Obwohl die Händler bürokratische Hürden gewöhnt wären, sei die „Resignation“ dieses Mal besonders groß. Gerade kleine Betriebe seien der Meinung, man wolle sie durch die gestiegenen Anforderungen vom Markt drängen: „Wissen Behörden und Politiker, was sie damit dem Mittelstand antun?“, fragt Hagmann. Der Verband unterstützt seine Mitglieder bei der Umsetzung der Bestimmungen, doch selbst dabei stoße man an Grenzen. „Wir suchen neue Mitarbeiter für die Beratung und Begleitung der Unternehmen“, sagt Hagmann.

In der halbjährlichen Konjunkturumfrage des Verbandes ist das Thema Bürokratie „dank“ der neuen Datenschutzregeln von Platz fünf auf Platz eins katapultiert worden. Dahinter folgen Kaufzurückhaltung, Attraktivitätsverlust in der Innenstadt, die Konkurrenz des Online-Handels und der generelle Wettbewerbsdruck.

Händler beurteilen die Aussichten für 2018 besser

Die Kaufzurückhaltung schlug sich bei der Mehrzahl der 300 befragten Unternehmen direkt auf die Geschäftsbücher nieder: Nur 29 Prozent der Teilnehmer verzeichneten im zweiten Halbjahr 2017 ein Umsatzplus und nur 19 Prozent eine verbesserte Ertragslage. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes für das vergangene Jahr bestätigen die Umfrageergebnisse: Demnach erreichten die Händler im Land 2017 nur ein minimales Umsatzwachstum von 0,6 Prozent. Für das laufende Jahr sind die meisten dennoch optimistischer. Hier rechnen immerhin knapp 41 Prozent mit einer positiven Umsatzentwicklung.

Dennoch bleibt Verbandspräsident Hutter bei seiner Prognose vorsichtig: „Wir gehen von einer Stagnation oder einem leichten Plus aus.“ In den ersten drei Monaten verbesserten sich die Umsätze in der Branche um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Vor allem der weiter wachsende Online-Handel und der Bereich Lebensmittel trage dazu bei. Die – ohnehin sinkenden – Besucherfrequenzen in den Innenstädten seien dagegen durch zusätzliche Risiken wie Fahrverbote bedroht, warnt Hutter.