Der schlechte Zustand und die Überlastung des Schienennetzes führen zu vielen teuren Verspätungen im Zugverkehr. Der größte DB-Konkurrent Transdev hat den Staatskonzern deshalb bereits mehrfach verklagt.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Der größte private Wettbewerber der Deutschen Bahn, die französische Transdev-Gruppe, kritisiert Wettbewerbsbehinderungen und Benachteiligungen durch die bundeseigene Deutsche Bahn AG. Besonders die Konflikte um die Neuvergabe von umkämpften Aufträgen für den Regionalverkehr sowie die Probleme mit der DB Netz AG landen immer häufiger auch vor Gericht.

 

„Das ist eine alarmierende und für Bahnfahrer wie Steuerzahler nachteilige Entwicklung“, warnt Tobias Heinemann, Sprecher der Geschäftsführung der Transdev GmbH in Berlin. Der  47-jährige Jurist listet im Gespräch mit dieser Zeitung zahlreiche Streitfälle mit dem Staatskonzern auf, die in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt sind. So gewann Transdev zuletzt die Ausschreibung für den S-Bahn-Verkehr in Hannover, der bisher größte Erfolg für die Franzosen. Doch die unterlegene DB Regio klagte gegen den Entscheid, ähnlich wie schon in vielen anderen Fällen von Vergaben an Konkurrenten. Deshalb verzögere sich voraussichtlich der für 2021 geplante Betriebswechsel, die Fahrgäste müssten dann länger auf neue Züge warten und die DB könne die S-Bahn zum eigenen finanziellen Vorteil noch länger mit den Altfahrzeugen betreiben, befürchtet Heinemann.

Deutsche Bahn weist die Vorwürfe zurück

Auch andere  Wettbewerber werfen dem Ex-Monopolisten vor, mit meist erfolglosen Klagen die Vergabeverfahren zu torpedieren und private Anbieter abzuschrecken. Die DB weist die Vorwürfe zurück.

Heinemann kennt den Staatskonzern bestens, da er selbst zehn Jahre bei der DB Regio in führenden Positionen zu Zeiten von Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn tätig war, der den Konzern mit harten Spar- und Renditevorgaben und der Rückendeckung der Regierung an die Börse bringen wollte. Zuletzt leitete er die S-Bahn Berlin, wo er wegen deren schwerer Betriebs- und Wartungskrise 2009 abberufen wurde.

2015 kam Heinemann zurück nach Berlin und stieg beim DB-Konkurrenten Transdev ein, dessen deutschen Ableger er leitet. Ein ständiges Ärgernis für ihn sind die Engpässe und Mängel im Schienennetz, für das die DB Netz AG zuständig ist, die dafür jedes Jahr mehrere Milliarden Euro vom Staat erhält. Die vielen Verspätungen und Ausfälle wegen Baustellen, Umleitungen und Überlastungen treffen nicht nur Reisende und Pendler, sondern auch die Bahnunternehmen, die dafür Strafen an die kommunalen Aufgabenträger zahlen müssen, mit denen die Verkehrsverträge geschlossen werden. „Seit zehn Jahren werden die Strafen immer höher, obwohl für einen großen Teil der Störungen die unzureichende Infrastruktur verantwortlich ist“, kritisiert Heinemann. 

Klage am Landgericht Augsburg eingereicht

Im Frühjahr 2016 hat Transdev deshalb eine erste Klage auf Schadenersatz beim Landgericht Augsburg gegen die DB Netz eingereicht. Eine weitere Klage läuft inzwischen wegen der vielen Verspätungen der Mittelrheinbahn, deren Betreiber die Transdev-Tochter Trans Regio ist. Streitpunkt sind auch hier die Strafen, die Trans Regio an die Aufgabenträger zahlen muss, obwohl die Ursachen „zu mindestens 80 Prozent“ (Heinemann), von DB Netz zu verantworten sein. Der Staatskonzern bestreitet das. Unstrittig allerdings sind die massiven Engpässe im Mittelrheintal, nicht zuletzt als Folge von immer mehr Parallel- und Güterzugverkehr. Zwischen Ende 2016 und Ende 2017 erklärte die DB Netz selbst zwei Abschnitte für überlastet. „Das führt dazu, dass unsere Regionalzüge nicht nur die ICE- und IC-Züge der DB, sondern oft auch langsamere Güterzüge vorbeilassen müssen und immer unpünktlicher werden“, klagt Heinemann.    Die DB Netz habe den rechtzeitigen Ausbau versäumt und zudem zu viele Slots an die Bahnen verkauft, um die eigenen Kassen zu füllen.

Trans Regio will zunächst Schadenersatz für die gezahlten Strafen der Jahre 2014 und 2015, weitere Klagen sollen je nach Ausgang des Verfahrens folgen. „Die Vorwürfe von Transdev werden auch durch ständiges Wiederholen nicht richtig“, erklärt dagegen ein Bahnsprecher. Die DB Netz AG disponiere bundesweit über 40 000 Züge täglich unabhängig von ihrer Herkunft. Ziel sei, einen möglichst reibungslosen Betriebsablauf sicherzustellen und Störungen schnell aufzulösen. Für alle Bahnen würden diskriminierungsfrei dieselben Dispositionsregeln gelten und von der staatlichen Netzagentur überwacht.