Es ist kein Wunder, dass die Klagewelle auf einen Krippenplatz ausgeblieben ist – trotz tausender fehlender Plätze. Denn der Aufwand ist hoch. Doch wer klagt, gewinnt, meint StZ-Redakteurin Inge Jacobs.

Stuttgart - Nein, es ist kein Wunder, dass die befürchtete Klagewelle auf einen Krippenplatz ausgeblieben ist – trotz Tausender fehlender Plätze. Denn ein solches Verfahren erfordert Aufwand, Zeit und gute Kenntnisse der deutschen Sprache und formaler Abläufe. Zumindest aber eine gute Rechtsschutzversicherung. Und vermutlich werden viele Eltern sehr genau abwägen, ob sich das lohnt.

 

Schließlich geht es um einen Anspruch auf maximal zwei Jahre Betreuungszeit, den der Gesetzgeber für unter Dreijährige gewährt. Es wird also vor allem auch eine Frage sein, wie hoch der Betreuungsdruck auf die Eltern ist und wie groß ihre persönlichen juristischen Möglichkeiten sind.

Plötzlich zaubert die Stadt Krippenplätze hervor

Es fällt auf, dass in den zweieinhalb Jahren, seit denen der Rechtsanspruch gilt, zumindest in Stuttgart kein einziger Krippenplatz tatsächlich eingeklagt worden ist. Dabei wurden laut Jugendamt 46 Klagen von Stuttgarter Eltern eingereicht, wenngleich es auch nicht bei allen um einen Platz ging, sondern auch um die Kostenerstattung.

Tatsächlich gelang es der Stadt, für einige Klage führende Familien doch noch einen Platz herbeizuzaubern, nach dem diese zuvor vergeblich gesucht hatten – ganz ohne Gerichtsverhandlung. Offensichtlich hat das städtische Jugendamt als zuständiger Jugendhilfeträger aus der bisher einzigen Gerichtsverhandlung im Südwesten zu den Folgen des Rechtsanspruchs gelernt. Denn das Stuttgarter Verwaltungsgericht hatte der Stadt ins Stammbuch geschrieben, sie sei es, die einen Platz anzubieten habe – egal bei welchem Träger.

Letzteres ist der Stadt natürlich gar nicht egal. Denn noch ist nicht endgültig geklärt, ob sie die Mehrkosten von locker 700 Euro pro Monat und Windelhopser übernehmen muss. Deshalb darf man auf das Präzedenzurteil des Mannheimer VGH gespannt sein – nicht nur in Stuttgart.

Klar ist aber bereits jetzt schon: die Familien profitieren vom Rechtsanspruch so oder so – auch ohne Klage. Denn der hat bei den Kommunen das Ausbautempo bei den Krippen beschleunigt.