Lange wurde in Weil der Stadt wenig investiert, weil das Geld fehlte. Marode Schulen, Kanäle und der Bauhof sollen nun endlich saniert werden – neue Schulden sind dafür fällig.

Jede Generation erbt die Errungenschaften ihrer Vorgänger – und auch die Versäumnisse. Für die Stadt Weil der Stadt bedeuten diese besonders: ein großer Investitionsstau und ein leuchtend rotes Minus im Haushalt. Beide schweben über so gut wie jeder Entscheidung, die der Gemeinderat dieser Tage treffen muss. „Wir können keine Erbschaft ausschlagen“, formulierte es Gründen-Stadtrat Kunze in der jüngsten Sitzung des Gremiums ganz treffend.

 

250 Millionen Euro sind in den nächsten zehn bis 15 Jahren nötig

Dass in der Keplerstadt lange kein Geld in die nötige Instandhaltung und Sanierung der Infrastruktur gesteckt wurde, um zu sparen, macht sich nun auch im Investitionsplan der Stadt für das Jahr 2023 bemerkbar. Rund 14 Millionen Euro Kosten sieht dieser Plan vor. „Das ist natürlich ein riesen Brocken – mal wieder“, so Kämmerer Ulrich Knoblauch. „Von dieser zweistelligen Millionensumme kommt wir aber so schnell nicht mehr runter.“

Denn um die dringenden Anliegen, vom maroden Wasserkanal bis zum bröckelnden Putz in der Schule, zu bewältigen, braucht es in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren rund 250 Millionen Euro. Das hatte der Erste Beigeordnete Jürgen Katz bereits im vergangenen Jahr prophezeit.

Wie immer: Viel Pflicht, wenig Kür

Einen Teil dieses Berges will die Stadt also nun im kommenden Jahr erklimmen. Dass man in Weil der Stadt auf sehr hohem Niveau saniere, betont auch Bürgermeister Christian Walter. „Die Investitionen trotz multipler Krisen in die Zukunft zu schieben, macht es aber nur teurer.“

Wirklichen Luxus leistet man sich aber auch bei den geplanten Investitionen von 14 Millionen Euro nicht. Stattdessen erledige man viele Pflichtaufgaben und nur sehr wenig Kür, so Knoblauch. „Wir haben alle Jahre wieder die gleiche Situation.“ Auf der Liste für 2023 stehen dementsprechend einige Aufgaben, zu denen die Stadt verpflichtet ist, etwa Kanalsanierungen im Zuge der Eigenkontrollverordnung. 1,4 Millionen Euro soll zudem der Kanalbau für die Hausener Baugebiete Neuwiesen und Bräuningsäcker kosten. Über 400 000 Euro werden in die Sanierung der historischen Stadtmauer gesteckt. „Wir haben außerdem stolze Beträge eingestellt für ein Fahrzeug der Feuerwehr“, so Knoblauch. Rund 870 000 Euro sind hierfür eingeplant, die Ausschreibung für eine neue Drehleiter laufe bereits.

Schulzentrum und Bauhof sind große Posten

Auch in Sachen Schule soll investiert werden: etwa mit Mitteln für digitale Schule, Sanierungsarbeiten am Johannes-Kepler-Gymnasium und das Vorhaben zum neuen Schulzentrum Jahnstraße. „Das ist die erste große Rate“, erklärte Knoblauch, diese würde insbesondere Planungskosten umfassen, die anstehen, um entsprechende Beschlüsse zum Bau möglich zu machen . „Es wird, wenn sie wollen, ernst.“

Einer der größten Posten für 2023 bleibt außerdem der Neubau des Weiler Bauhofs. Mit der Bemerkung, dass dort mangels Heizung der Kleister im Winter einfrieren würde, hatte Bürgermeister Walter bei einer Klausurtagung im vergangenen Jahr beschrieben, in welch miserablem Zustand die Anlage sei. Ein erster Kostenanteil für den Neubau, nämlich 1,1 Millionen Euro, wird nun 2023 fällig. Weitere sechs Millionen Euro sollen in den kommenden Jahren folgen. Dass es mit dem Projekt vorwärts geht, berichtete auch der Kämmerer. „Wir bekommen Stand heute ausreichend Fläche zusammen, um zu sagen, das klappt.“

7,7 Millionen Euro Nettoneuschulden

Wie sollen diese Investitionen finanziert werden? Um diese Frage zu beantworten, gab Knoblauch in der Sitzung bereits einen ersten Ausblick auf den Ergebnishaushalt, der in der Dezember-Sitzung ausführlich beraten werden soll – denn aktuell wartet die Stadt noch auf die November-Steuerschätzungen. Was sich bereits abzeichnet: Rückgänge bei der Einkommenssteuer, eine Steigerung im mittleren Niveau bei der Gewerbesteuer. Trotzdem ergibt sich nach aktuellem Stand ein Minus von rund sechs Millionen Euro für das Jahr 2023.

Die anstehenden Investitionen lassen sich daraus also nicht finanzieren, stattdessen: „Wenn es läuft: Förderungen. Wenn es schlecht läuft: Kredite“, so Knoblauch. Mit rund 5,7 Millionen Euro aus Landes- und Bundesförderprogrammen rechnet die Stadt. Außerdem spielt ihr die laufende Vermarktung des Neubaugebiets Schwarzwaldstraße in die Karten, deren Erlöse ebenfalls Finanzspritze für 2023 werden. Kredite wird die Verwaltung aber trotzdem aufnehmen müssen. Von einer Nettoneuverschuldung in Höhe von 7,7 Millionen Euro rechnet man derzeit.

Mit Freude schienen auch die versammelten Stadträte das Investitionsprogramm ob dieser Zahlen nicht zu betrachten. Ob man nicht schauen könne, welche Aufgaben man verzögern könne, fragte etwa FDP-Rat Hans Dieter Scheerer in die Runde. „Klar muss investiert werden“, kommentiert auch Grünen-Rat Stefan Kunze. „Aber wo können wir einsparen?“ 14 Millionen Euro seien eine große Hausnummer, erwiderte die SPD-Fraktionsvorsitzende Cornelia Schmalz. „Aber Nichtstun und Erstarren wäre ein Rückschritt.“ Dem schloss sich auch Jürgen Widmann (Freie Wähler) an. „Falsch wäre es, zu viel zu streichen“, sagte er. „Wir würden es nur der nächsten Generation vererben.“