„Tatsächlich... Liebe“ zählt zu den beliebtesten Weihnachtsfilmen und bekommt nun auch noch ein TV-Special. Unsere Autorin hält den Klassiker für problematischen Klischee-Kitsch.
In der Weihnachtszeit sehnen sich viele nach einem lustig-netten Film über glückliche Menschen, den man gemütlich auf der Couch mit einer Tasse Tee genießt – so weit nachvollziehbar. Doch so mancher Film spielt mit derart abgedroschenen Klischees und bedient derart stereotype Geschlechterbilder, dass man seine Tasse am liebsten gegen den Fernseher schleudern würde. Achtung: Fans von „Tatsächlich... Liebe“ (im Orginal „Love Actually“) sollten hier lieber aufhören zu lesen. Denn dieser Film zählt exakt zu dieser Kategorie.
Nachdem der Film 2003 erschienen war, wurde er national wie international immer wieder für die stereotype Darstellung der Charaktere kritisiert. Beim „Guardian“, in der „Cosmopolitan“, auf „Spiegel.de“ und auf anderen Seiten erschienen immer wieder kritische Texte zu der beliebten Komödie. Doch ausgerechnet vor dem Hintergrund der Sexismus-Debatten der vergangenen Monate und Jahre veröffentlicht der Sender ABC in den USA nun sogar ein TV-Special.
Aber wo genau liegt das Problem? Fangen wir bei den Männern an: Jamie (gespielt von Colin Firth) fängt eine Beziehung mit seiner deutlich jüngeren Hausangestellten an, die er eigentlich überhaupt nicht versteht, weil sie kein Englisch spricht.
Collin – ein junger Brite mit Aushilfsjobs – belästigt in Büros und auf Partys Frauen mit unangenehmen Sprüchen. Doch im Film wird das nicht als ernsthaftes Problem, sonder als irgendwie ganz lustig dargestellt. Englische Frauen seien einfach „zu eingebildet und verstünden keinen Spaß“– so Collin.
Ein sexistischer Politiker zum Verlieben
David (gespielt von Hugh Grant) ist der englische Premierminister, flirtet mit seiner Mitarbeiterin Natalie und als er sich von ihr angezogen fühlt, versetzt er sie kurzerhand. „Wen muss man hier flachlegen, um eine Tasse Tee und einen Schokoladenkeks zu bekommen“, fragt David in einer Politik-Männerrunde. Herein kommt Natalie. Doch das löst keine Regierungskrise aus, sondern eine ganz große Romanze.
Wer ebenfalls vor allem durch üble Sprüche auffällt, ist Ex-Rockstar Billy Mack (gespielt von Bill Nighy), der sich das als Promi aber im Film einfach so rausnehmen kann. Er schmückt sich mit Frauen, seine Liebe gilt nur seinem besten Freund und Manager – rein platonisch versteht sich.
Außerdem wäre da noch Mark. Er zeigt der Frau, die er eigentlich liebt, die kalte Schulter und kreuzt dann, nachdem sie gerade geheiratet hat, vor ihrer Tür auf und gesteht ihr auf Plakaten seine Liebe. Menschen, die schon einmal mit einem Stalker zu tun hatten, dürfte da wohl eher ein kalter Schauer den Rücken herunterlaufen. Aber hier ist das alles ganz romantisch, er bekommt sogar einen Kuss.
Die Rolle der Frauen: Mütter, Sekretärinnen und Co.
Über die Frauen im Film kann man vor allem eines sagen: Sie sind Mitarbeiterinnen, Mütter, Pflegerin und kümmern sich um andere – und werden damit wie auch die Männer äußert stereotyp dargestellt. Macht haben sie praktisch nicht, sie ist den männlichen Figuren vorbehalten. Romantische Beziehungen zwischen Frauen und Frauen oder Männern und Männern gibt es nicht – der Film funktioniert nach typischen heteronormativen Regeln.
Und auch beim sogenannten Bechdel-Test, der Filme auf die Stereotypisierung von weiblichen Figuren checkt, schneidet die Komödie schlecht ab. Dabei wird ein Film nach folgenden Fragen überprüft: Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Sprechen sie miteinander? Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann? Eigentlich keine große Hürde, könnte man meinen, doch tatsächlich bestehen viele Filme den Test nicht.
Mama bastelt, Papa geht fremd
In „Tatsächlich... Liebe“ gibt es eine Szene, die in Sachen Bechdel passt: Eine Mutter spricht beim Kochen in der Küche mit ihrer Tochter über das geplante Krippenspiel – sie wird als Hummer gehen, Mama muss das Kostüm basteln. Papa ist anderweitig beschäftigt und flirtet mit seiner Sekretärin. Diese einzelnen Geschichten sind aber nicht nur unkreativ, sondern bedienen die immer gleichen Klischees.
Was Diversität und Geschlechterklischees angeht, fällt der Film durch. Wer ihn auch künftig vor Weihnachten schauen will, sollte das selbstverständlich tun. Nach dem Lesen dieses Textes aber vielleicht mit einem kritischeren Blick.