Der Vorwurf der Autoren: die baden-württembergische Regierung habe in den 80er Jahren bewusst Beweise, die gegen Klaus Birkel sprachen, zurückgehalten. Rheinlandpfälzische Ermittler hatten demnach Ende der 80er Jahre festgestellt, dass ein Lebensmittelchemiker, dessen Gutachten bei dem Birkel-Prozess eine wesentliche Rolle spielten, in der fraglichen Zeit mit einem "Beratungsvertrag" von Birkel ausgestattet war. Der Wissenschaftler soll im Auftrag der Konzernleitung Gutachten zugunsten von Birkel umformuliert haben.

"Alles Quatsch", sagt Birkel. Recht emotionslos sagt er das. Mit dem Nudelskandal von einst hat der Nudelkönig von einst längst abgeschlossen. Im Moment hat er ganz andere Sorgen. Seine zweite US-Firma, die Birkel Residential Group, hat gerade viel Geld verloren. Wie viel? "Sehr viel."

Die Immobilienkrise traf auch ihn


Mit dem Bau von Studentenwohnheimen und Appartementhäusern in Dallas und San Antonio war der Rinderzüchter in den vergangenen 15 Jahren zu einem der großen Bauträger in Texas aufgestiegen. Unterstützt wurde er dabei aus der alten Heimat. Deutsche Anleger investierten unter anderem über die Naples Investment Group aus Florida in seine Bauprojekte. Luxuriöse Ausstattungen und gute Handwerkskunst zu vernünftigen Preisen waren Birkels Markenzeichen.

Dann kam die Immobilenkrise. "Innerhalb von 24 Stunden haben manche unserer Objekte mehr als 60 Prozent an Wert verloren", sagt Birkel. Die meisten Häuser hat er inzwischen verkauft, viele Angestellte musste er entlassen. Ein paar arbeiten heute auf seiner Ranch.

Die Entscheidung, nach Amerika zu gehen, hat Birkel nie bereut. "Ich trauere meinem alten Leben nicht hinterher." Überhaupt liege ihm die amerikanische Mentalität. "Amerikaner treffen schneller Entscheidungen. Und sie sind rationaler." In Deutschland sei vor allem der Mittelstand zu stark von Gefühlen geprägt. Häufig hätten Unternehmen gute Zukunftschancen, aber keinen geeigneten Nachfolger. "Ein Verkauf wäre die Lösung, aber viele können sich einfach nicht von ihrer Firma trennen."

"Meine neue Heimat ist hier"


Birkel weiß: Auch sein zweites Lebenswerk wird er wohl irgendwann verkaufen müssen. "Ich werde meine Kinder nicht dazu zwingen, die Ranch zu übernehmen." Doch auch wenn er sich eines Tages zur Ruhe setzt: Ganz nach Deutschland zurück will er nie wieder: "Meine neue Heimat ist hier." Seine Brezeln und die Schwarzwälder Kirschtorte backt ein Auswanderer aus Freiburg. Die Wurst bringt der Fedex-Bote aus einer deutschen Metzgerei in New York.

Nach Stuttgart zu Freunden und Familie fliegt Birkel trotzdem noch zwei-, dreimal im Jahr. Meist kann er sich einen Gang in den Supermarkt dann nicht verkneifen. Zwischen Spaghetti und Spätzle sucht er heimlich nach den Überresten seines alten Lebens. Oft vergebens.