Der international gefragte Filmstar Klaus Maria Brandauer gibt bei den Salzburger Festspielen den Ödipus.

Stuttgart - Er gehört zu den profiliertesten Schauspielern, die wir haben: der als Filmstar auch international gefragte Klaus Maria Brandauer. Bei den am Samstag beginnenden Salzburger Festspielen setzt er seine triumphale Zusammenarbeit mit dem Regisseur Peter Stein fort: Nach "Wallenstein" und dem "Zerbrochnen Krug" spielt er nun die Titelrolle in Sophokles' "Ödipus auf Kolonos".

Herr Brandauer, leiden Sie derzeit unter akutem Schlafmangel?


Ich leide grundsätzlich nie unter Schlafmangel, da ich mir so viel Zeit zum Schlafen nehme, wie ich brauche.

Aber man weiß von Ihnen, dass Sie ein besessener Arbeiter sind und nicht so schnell den Weg ins Bett finden...


Stimmt. Ich brauche wenig Schlaf. Ich schlafe kurz, aber tief, Zeus sei Dank!

Sie spielen jetzt den "Ödipus" des Sophokles. Was reizt Sie an der Figur?


Man ist schnell dabei, diesen Ödipus zu verurteilen, da er - nicht nur nach heutigen Maßstäben - einiges getan hat, was nicht opportun erscheint. Den Vater erschlagen, die Mutter geheiratet und so weiter. Aber so, wie Sophokles die Geschichte entwickelt, berührt sie das Tragische an sich. Das ist ein Punkt, der über jede moralische Bewertung erhaben ist. Das ist unerhört reizvoll, nicht nur, wenn man vom Theater kommt.
Um jetzt aber genau zu sein: Sie spielen nicht "Ödipus", sondern dessen Fortsetzung, "Ödipus auf Kolonos". Und der hat schon alle Irrtümer hinter sich und lebt als alter Mann nun im Athener Exil...


Ja, "Ödipus auf Kolonos" ist ein Alterswerk, in zweifacher Hinsicht: Nicht nur der Ödipus, auch sein Autor Sophokles hält jetzt am Lebensende nochmals Rückschau und gewichtet die Konflikte seiner schon früher von ihm dramatisierten Figur völlig neu. Er greift dabei weit ins Religiöse aus, eine spannende, weil zutiefst menschliche Betrachtungsweise.

Sie arbeiten jetzt zum dritten Mal mit Peter Stein zusammen. Wie sieht Ihr gemeinsames Arbeitsverhältnis aus?


Wir reden relativ wenig miteinander. Jeder macht seins - und das so gut wie möglich. Wenn man dabei aber auf den anderen achtgibt, kann man gemeinsam sehr weit kommen. Außerdem sind ja noch viele andere mit im Spiel, es ist ein wunderbares Ensemble, das zum Teil schon beim "Zerbrochnen Krug" und beim "Wallenstein" dabei war. Diese Kontinuität ist wichtig und gibt uns allen Sicherheit, auch in schwierigen Momenten. Eine solche Produktion ist ja kein Spaziergang.

Kein Spaziergang? Kracht es zwischen Ihnen und Stein auch mal? Jeder von Ihnen hat doch seinen eigenen Kopf!