Der Bioweinbauer Klaus Vorgrimmler ergänzt seine Reben durch den Saisonanbau von Spargel. Bereits 1782 hat es sein Urahn gemacht.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Munzingen - Die sind vielleicht fleißig. Und widerstandsfähig. Und schön. Winzermeister und Jungimker Klaus Vorgrimmler kann sich gar nicht von seinem neuen Bienenvölkchen trennen, das soeben die Pollen von Löwenzahn und anderen gelben Blüten plündert. Eigentlich sind wir wegen des Spargels auf das Feld gegangen, denn Klaus Vorgrimmler (50) baut in Munzingen am Tuniberg, zwanzig Kilometer südwestlich von Freiburg, nicht nur Wein, sondern auch Spargel an. Beides in Demeter-Qualität. Er hat nur anderthalb Hektar, damit ist sein Anteil am Spargelberg, der in Südbaden jedes Jahr größer wird, gering. Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald – genauer gesagt ist es lediglich sein im Rheintal gelegener Teil – hat im Spargelwettbewerb mittlerweile Platz eins in Baden-Württemberg erobert: Auf 925 Hektar treibt das weiße Gemüse Stange um Stange nach oben.

 

„Spargel wächst auch ohne Folie“, sagt der Experte und zeigt auf die unbedeckten Bifänge. So heißen die Erdwälle in der Fachsprache. „Er wächst, oder er wächst nicht, es gibt irgendwann so etwas wie eine Initialzündung, dann geht es los.“ In diesem Jahr ging das besonders schnell, weil der Boden vor Weihnachten noch warm war. Anfang März hat es bereits getrieben. Doch ganz ohne Folien geht es doch nicht. „Man braucht sie wegen der Nässe und zum Abdecken“, erklärt Vorgrimmler. Wenn starker Regen fällt, rutscht der Lösshügel in den Graben. Wenn die Sonne allerdings zu stark scheint, treibt das Gemüse so schnell, dass die Spitzen violett werden. Blütenweiß will der Kunde den Spargel aber haben, obwohl mit der Farbe auch mehr Würze in die Stangen kommt.

Den ersten Spargel hat es bei Vorgrimmler am 13. April gegeben, da hatten die Großbetriebe mit ihren dreistelligen Hektarflächen längst tonnenweise Ware auf den Markt geworfen. Zu einem Preis von rund 15 Euro das Kilo. Bei Vorgrimmler kostet das Kilo die ganze Saison über zehn Euro.

„Warum nicht das nehmen, was uns die Natur gibt?“

Da gibt es natürlich Schlaumeier, auch in der Gastronomie, die kommen zuerst zu ihm und seinem günstigen Einstandspreis, plakatieren in der Wirtschaft „Biospargel“ – und wechseln im Mai dann zum im Preis nun günstigeren Massenspargel, nicht aber die Schilder. Was ist anders an Vorgrimmlers Biospargel? Der erste Gang führt zu den Spritz- und Düngemitteln. Da gibt’s keine Säcke mit Nitrophoska – bekannt als Blaukorn. Da ist eine tönerne Tonne, ein Fermenter, in dem ein würziger Sud aus diversen Kräutern gärt. Lorbeer ist dabei, Brennnesseln sowieso und viele Kräuter mehr, die dem Boden guttun, seine Mikroorganismen stärken und Schädlinge und schädliche Pilze abwehren soll. „Warum nicht das nehmen, was uns die Natur gibt?“, fragt Vorgrimmler mit einem listigen Blick über seine Brille.

Vorgrimmlers Düngemittel kann man sehen, schmecken, anfassen. Jedenfalls vor und nach der Saison auf dem Lössacker. Da wachsen Klee, Wicken, Sonnenblumen, Buchweizen, Wiesenkümmel, Malven. So entsteht ein Grünteppich, der ein Gleichgewicht zwischen Schädlingen und Nützlingen herstellt. Zusätzlich gedüngt wird mit Kuhmist und Hornmehl. Vorgrimmler braucht zum Ausbringen und für andere Arbeiten keine riesigen Traktoren, die 300 Pferdestärken haben und 14 Tonnen auf die Waage bringen. „Das macht den Boden kaputt“, sagt der Biobauer. Die Rheinebene ist im Gegensatz zum Tuniberg eigentlich zu lehmig für Spargelanbau.

Spargel ist nur das eine Standbein

Schon die Urahnen von Klaus Vorgrimmler haben 1782 als erste Landwirte in Munzingen Spargel geerntet, das ist verbrieft. Für den heutigen Hofinhaber ist Spargel aber nur das eine Standbein. Auf drei Hektar baut Winzermeister Vorgrimmler nämlich Wein an, Biowein. Er hat den Hof von den Eltern 1985 übernommen und umgestellt. Seit 1990 ist er von Ecovin, seit 2006 von Demeter zertifiziert. Schon der Vater hat nach dem gelben Mondkalender von Maria Thun gesät und gepflanzt, der im Februar dieses Jahres hochbetagt gestorbenen Säulenheiligen des biodynamischen und astrologisch orientierten Landbaus. „Wir mussten ja alles selber ausprobieren“, sagt Vorgrimmler junior, es habe lange Zeit keine gesicherten Erkenntnisse gegeben, wie man biologisch anbaut und zugleich wirtschaftlich Erfolg haben kann. Schlaflose Nächte habe die Mutter gehabt, ob es auch klappt, erinnert sich der Sohn, der 1994 den Tod seiner ersten Frau und Mutter der beiden Söhne zu verkraften hatte.

Der noch kleinen Kinder wegen hat der Winzer seinen Betrieb verkleinert, mittlerweile ist der ältere von den beiden Söhnen bereits mit dem Studium fertig und als Bioinformatiker an der Universität Freiburg tätig, der jüngere studiert in Berlin Umwelttechnik. Ob sie sich für Wein- und Spargelanbau interessieren? „Ja. Aber alles hat seine Zeit“, winkt der Vater ab, er will die Söhne nicht unter Druck setzen. Der ältere beschäftigt sich auffallend viel mit dem Weinanbau und hilft daheim. Vorgrimmlers derzeit wichtigste Mitarbeiterin ist seine Frau Maybritt. Die Dänin hat er vor sieben Jahren in Heidelberg kennengelernt – auf dem Philosophenweg, als er über Weinbau referierte. Es muss ein eindrucksvolles Referat gewesen sein, die Dänin kam bald mit in den Süden und blieb. Im Dezember vergangenen Jahres haben sie geheiratet.