Sein Image wechselte im Lauf der Jahre. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit galt als Partymeister, Zahlenexperte, Schwulen-Vorkämpfer und Tourismus-Magnet. Dann erwischte ihn die Flughafen-Krise.

Sein Image wechselte im Lauf der Jahre. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit galt als Partymeister, Zahlenexperte, Schwulen-Vorkämpfer und Tourismus-Magnet. Dann erwischte ihn die Flughafen-Krise.

 

Berlin - Zwei Sätze von Klaus Wowereit werden bleiben. Mit dem einen, immer wieder zitierten, wurde er 2001 berühmt: „Ich bin schwul, und das ist auch gut so“. Der andere Satz, einige Jahre später, prägt bis heute das Image seiner Heimatstadt: Berlin sei „arm, aber sexy“. Die beiden Äußerungen markieren zwei Erfolgsgeschichten der politischen Karriere Wowereits, die zugleich bemerkenswerte politische Fehler und Niederlagen aufweist.

Auf das Etikett „schwuler Politiker“ wollte sich Wowereit nach seinem Amtsantritt im Sommer 2001 nicht festlegen lassen. Im Lauf der Jahre genoss er den Jubel der schwul-lesbischen Szene bei Auftritten auf CSD-Paraden aber genauso wie die Schwärmerei der Partyszene, die ihn gerne umringte. Nur Fotos mit einem roten Damenschuh und einer Champagnerflasche bereute er nachher. Stolz war der SPD-Politiker jedoch auf die Enttabuisierung des Themas Schwule im politischen Bereich, mit der er den Weg für Coming-outs von Spitzenpolitikern wie Guido Westerwelle (FDP) oder Ole von Beust (CDU) bereitete.

In Berlin war Wowereit aber zunächst als harter Haushaltssanierer und Zahlenexperte angetreten. Mit seinem Finanzsenator und Parteifreund Thilo Sarrazin, der sich später als Bestsellerautor und mit Thesen über Einwanderung viele Feinde machte, sorgte er für einen neuen Kurs in der hoch verschuldeten Hauptstadt.

2005 sogar auf dem Time-Magazine

Ein großes politisches Tabu brach Wowereit 2001, als er eine Koalition mit der damaligen PDS einging, den SED-Nachfolgern aus der DDR. Der damalige öffentliche Aufschrei ist heute kaum mehr vorstellbar. Dass die Koalition zehn Jahre hielt, gibt Wowereit im Nachhinein recht.

Erst nach und nach entdeckte Wowereit die bundesweite und internationale Beliebtheit Berlins, die er nach Kräften unterstützte. Hier spürte er den Erfolg, die Touristenzahlen stiegen Jahr für Jahr.

Als Bürgermeister der zusehends weltoffener gewordenen Metropole wurde Wowereit in anderen Großstädten begeistert begrüßt und in der Hauptstadt auch von Gästen aus Übersee erkannt und vor die Kameras und Smartphones gezogen. 2005 landete er sogar auf dem Titelbild des US-Magazins „Time“.

Gleichzeitig lernten die Berliner immer wieder Wowereits anstrengende Seiten kennen. Neben dem charmanten Plauderer, der keiner Umarmung mit älteren Damen der SPD-Basis aus dem Weg geht, gibt es auch den arrogant-schnoddrigen und rücksichtslosen Wowereit, der anderen über den Mund fährt.

Später wurde Wowereit vorsichtiger

Aus einfachen Verhältnissen hatte sich das jüngste Kind einer Putzfrau nach oben geboxt. Nach dem Jura-Studium folgte die SPD-Karriere: Kommunalpolitiker, Bildungsstadtrat, Abgeordneter, Fraktionsvorsitzender, Regierender Bürgermeister. Der Aufstieg und das Amt veränderten ihn. Anfangs dauerte manche weinselige Runde mit Wowereit und Mitarbeitern noch bis in die Morgenstunden. Später wurde er vorsichtiger. Bei einem SPD-Sommerfest über den Dächern Berlins gestand er einmal, dass er misstrauischer und verschlossener geworden sei und in den Jahren auch Freunde verloren habe.

Misserfolge gab Wowereit nicht gerne zu. Dabei ließ die wirtschaftliche Entwicklung Berlins abgesehen vom Tourismus zu wünschen übrig. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf hohem Niveau. Die größte Krise seiner Amtszeit war aber sicher die immer wieder verschobene Eröffnung des „Pannenflughafens“ Berlin-Brandenburg. Am Dienstag sprach er von einer „herben Niederlage“, die er „unendlich bedauere“.

Bundespolitisch gelang es Wowereit, zum stellvertretenden SPD- Vorsitzenden aufzusteigen. Eine wirklich wichtige Rolle spielte er auf der Ebene aber nie.

Bei der Ankündigung seines Rücktritts ging es auch um Gefühle: „Ich liebe diese Stadt so, wie sie ist, mit ihren Widersprüchen, mit ihren Vorteilen, ihren Nachteilen, mit ihrer Rauheit, mit ihrer Schönheit, und das wird auch so bleiben.“ Fast kippte Wowereits Stimme. Und die feuchten Augen waren nicht zu übersehen.