Unter Klaus Zehelein hat die Stuttgarter Staatsoper viele Erfolge gefeiert. Am Sonntag wird der langjährige Intendant 70 Jahre alt.

Stuttgart - Fünfzehn Jahre, von 1991 bis 2006, war Klaus Zehelein Intendant der Staatsoper Stuttgart. Sechsmal wurde das Haus von den Kritikern der Zeitschrift "Opernwelt" zur "Oper des Jahres" gewählt. Es waren erfolgreiche, glückliche Jahre, die weit über die Stadt hinaus strahlten. Dabei war Zehelein kein Prinzipal alter Schule, sondern ein Teamplayer, der zwar genau wusste, was er wollte, zugleich aber die Fähigkeit besaß, mit sanfter Autorität alle Mitarbeiter auf das gemeinsame Ziel einzuschwören.

Als Student saß er in Frankfurt in den Vorlesungen und Kollegs des Philosophen Theodor W. Adorno. Von der Kritischen Theorie lernte er, dass auch Kunst eingreifendes Denken und nicht bloß eine kulinarische Freizeitbeschäftigung ist, Kunstwerke nicht nur sinnliche Gebilde, sondern Erkenntnis sind. "Kunst", hat Zehelein einmal in einem Gespräch gesagt, "liefert der Gesellschaft nichts weniger als die Substanz." An dieser Überzeugung hat er mit Begeisterung, aber auch mit Zähigkeit festgehalten.

Risiko statt Sicherheit


Nach Lehrjahren in Kiel und Oldenburg stieß Zehelein 1977 als Chefdramaturg zum Team, das Michael Gielen als neu ernannter Opernintendant in Frankfurt um sich sammelte. Dort wurde er schnell, so Gielen, "die entscheidende Figur im geistigen Profil des Hauses". Zehelein hat die Arbeit des Dramaturgen mit der eines Archäologen verglichen: die alten Werke auf den Prüfstand der Gegenwart zu stellen und den Staub der Vergangenheit wegzuwischen, bis der wahre, aber verschüttete Inhalt ans Tageslicht kommt. Darin sieht er auch heute noch die Aufgabe des Theaters: Risiko statt Sicherheit, Experiment statt falscher Tradition. Das moderne Regietheater hat eine seiner Wurzeln in Zeheleins Frankfurter Zeit.

Während seiner Stuttgarter Intendanz hat er an diesen Prinzipien festgehalten, ohne doch der Gefahr zu erliegen, Frankfurt zu kopieren. Die Stuttgarter Oper wurde unter seiner Leitung zu einer Hochburg des avancierten intellektuellen Musiktheaters. Unvergessen ist sein leidenschaftliches Engagement für die Moderne, mit dem er selbst Nono und Lachenmann beim Publikum durchsetzte. Dass es ihm gelang, erfolgreiche Schauspielregisseure wie Jossi Wieler und Martin Kuöej zur Oper zu motivieren, beweist seine ästhetische Offenheit wie sein Gespür für noch schlummernde künstlerische Potenziale.