Aus Spardruck wurden notwendige Sanierungen lange hinausgezögert. Diese summieren sich nun auf etwa 250 Millionen Euro über einen Zeitraum von 15 Jahren.
Weil der Stadt - Für die Weiler Stadträte war es keine besonders erfreuliche Stadtrundfahrt: Im Rahmen einer Klausurtagung in Merklingen haben sich die Kommunalpolitiker auf eine Bustour begeben, Gegenstand der Besichtigung waren vier Gebäude, die eigentlich dringend saniert werden müssten: der Baubetriebshof, das zentrale Feuerwehrhaus, ein Wasserbehälter sowie die Kita Rabennest, beides in Merklingen.
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„Erschreckend“ sei das gewesen, berichtet etwa FDP-Stadtrat Hans Dieter Scheerer. „So hat es auch ausgesehen, als ich im Kindergarten war.“ Die Rundfahrt habe vor Ort die Probleme gezeigt, die der schlechte Zustand im Alltag für die Beschäftigten und Nutzer verursacht, meint Bürgermeister Christian Walter. „Etwa, wenn im Bauhof mangels Heizung der Kleister im Winter einfriert“, nennt er ein Beispiel. Um den Sanierungsbedarf gewusste habe man schon, sagt auch Jürgen Widmann (Freie Wähler), es sei aber auch wichtig, ihn vor Ort zu sehen. „Es hat uns allen aufgezeigt, wie die Situation der Stadt ist.“ Und die sei: ernüchternd. Von Defiziten „in epischer Breite“ spricht auch AfD-Stadtrat Christian Pfaundler.
Welche Sanierungen sind dringend?
Notwendig wurde die zweitägige Klausurtagung von Gemeinderat und Verwaltung besonders angesichts des bestehenden Sanierungs- und Investitionsstaus in der Keplerstadt. Aufgrund der schlechten finanziellen Lage wurde lange kräftig gespart – „an der ein oder anderen Stelle auch überspart“, kommentiert Pfaundler. Das Resultat: Notwendige Sanierungen, die zu lange aufgestaut wurden, und sich nun rächen. „Es besteht großer Handlungsbedarf“, bestätigt auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Conny Schmalz.
Besonders akut ist der Handlungsbedarf laut Walter beim Schulzentrum Jahnstraße und dem städtischen Betriebshof. „Auch im Bereich der Abwasserkanäle sind in den kommenden Jahren hohe Investitionen unaufschiebbar.“ Die Gemeinderäte teilen die Ansicht, dass sich dringend etwas tun muss. „Der Investitionsstau potenziert sich“, sagt etwa Scheerer.
Der Schuldenberg ist hoch
Hohe Investitionen – für Weil der Stadt, das schon seit Jahrzehnten tiefrote Zahlen schreibt, ist das leichter gesagt als getan. Im Jahr 2021 weist das ordentliche Ergebnis des städtischen Haushalts ein Defizit von sieben Millionen Euro aus, die Verschuldung steigt planmäßig auf bis zu 25,8 Millionen Euro. „Unsere finanzielle Lage ist erdrückend“, weiß Walter. „Auf der einen Seite können wir den laufenden Betrieb derzeit nur über Schulden finanzieren. Gleichzeitig müssten wir hier dringend Überschüsse für anstehende und notwendige Investitionen erzielen.“
Woher das Geld also nehmen? Laut Walter befinde sich die Stadtspitze bereits in Gesprächen mit dem Landratsamt als Kommunalaufsicht: „Ein ‚Weiter so’ wird uns schon aus gesetzlichen Gründen nicht mehr genehmigt werden. Dies wäre allerdings auch verantwortungslos und nicht nachhaltig gegenüber zukünftigen Generationen.“
Den Sanierungsstau und die hohe Verschuldung zeitgleich angehen? „Es wird kein einfacher Weg werden“, kommentiert CDU-Fraktionsvorsitzender Martin Buhl. Und auch kein kurzer: Es müsse eine Strategie für die nächsten zehn bis 20 Jahre entwickelt werden, meint der Bürgermeister. Für diese große Aufgabe bedarf es nun kreativer Lösungen. „Trotz der besorgniserregenden, angespannten finanziellen Lage der Stadt gilt es, motiviert neue Wege zu finden“, findet Schmalz. „Es hilft nicht, den Kopf in den Sand zu stecken.“ Als erstes gutes Beispiel nennt sie die neue Energievertriebsgesellschaft, mit der die Stadt nun selbst Strom und Gas verkauft.
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So soll es weitergehen
Dass bezüglich der Finanzen der Stadt in Zukunft auch unbequeme Entscheidungen getroffen werden müssen, ist ebenfalls Thema bei den Stadträten. „Es wird nicht ohne Gebührenerhöhung auf der einen Seite und Leistungskürzung auf der anderen Seite gehen“, meint Christian Pfaundler (AfD). „Kür-Aufgaben, wie zum Beispiel ein weiterer Ausbau des Klösterles, müssen weit hinten angestellt werden“, weiß auch Grünen-Vorsitzender Alfred Kappler. „Gemeinderat und Stadtverwaltung müssen an einem Strang ziehen und mit
Blick auf die Zukunftsfähigkeit auch unbequeme Entscheidungen angehen. Und gegenüber der Bürgerschaft muss eine klare Transparenz bezüglich der Situation und den notwendigen Maßnahmen hergestellt werden“, sagt der Bürgermeister.Angesichts der angespannten Umstände hat sich der Gemeinderat nun darauf verständigt, noch vor der Sommerpause in der Juli-Sitzung erste finanzpolitische Entscheidungen auf den Weg zu bringen. Bis Herbst soll zudem von der Verwaltung ein umfassendes Konsolidierungskonzept mit Maßnahmen vorgelegt werden, über die der Gemeinderat dann befinden wird. Einigkeit besteht über die Tatsache, dass der momentan hohe Standard, mit vielen Einrichtungen in allen fünf Ortsteilen, mit den vergleichsweise niedrigen Einnahmen nicht mehr zu vereinbaren sei. Die Beteiligten zeigten sich, so die Verwaltung, aber fest entschlossen, sich auch unbequemen Diskussionen über Einsparungen und Mehreinnahmen zu stellen und zukunftsorientiert handeln zu wollen.
Zufrieden mit Klausurtagung
Auf die jüngste Klausurtagung blicken die Fraktionsvorsitzenden unterdes durchweg positiv zurück, loben etwa die sachlichen Diskussionen und die Durchführung durch Bürgermeister Christian Walter. „Die Klausur war extrem wichtig und der Auftakt für ein umfangreiches Konsolidierungspaket, dass alle Bereiche umfassen muss“, resümiert CDU-Fraktionsvorsitzender Buhl. „Hierbei sind alle gleichermaßen gefordert: Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft.“