Die Genossen äußern wenig Kritik an der Waffenhilfe. Parteichef Sigmar Gabriel nennt die Entscheidung, Kurden im Irak mit deutschen Waffen zu beliefern, die „schwierigste Entscheidung meines politischen Lebens“.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Die bisher heikelste Herausforderung für den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel war nicht etwa sein Entschluss, eine große Koalition einzugehen – sondern eine Konsequenz dessen. Dies offenbarte Gabriel während eines Klausurtreffens des Präsidiums seiner Partei. Er nannte die Entscheidung, Kurden im Irak mit deutschen Waffen zu beliefern, die „schwierigste Entscheidung meines politischen Lebens“.

 

Die meisten seiner Genossen tragen diese Entscheidung mit. Im Präsidium äußerte lediglich der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner Kritik. Gabriel bezeichnete die Waffenhilfe kein „Paradigmenwechsel oder gar Tabubruch“. Er bezeichnete das Vorgehen der Bundesregierung als „Ausnahmeentscheidung in einem schlimmen Ausnahmefall“. Es gebe in dieser Situation nur eine Sicherheit: wenn man den Kurden nicht helfe, werde das Morden unbehindert weitergehen.

„Das Wichtigste bleibt humanitäre Hilfe“, betonte der SPD-Chef. Klar sei aber auch, dass damit gegen die Gewalt der Islamisten nichts auszurichten sei. Die Entscheidung, Waffen in das Krisengebiet zu liefern, sei „natürlich auch mit Sorgen“ verbunden. Die Waffenhilfe bedeute aber „nicht etwa Ersatz oder Reduktion humanitärer Hilfe“. Stegner ist mit seiner Kritik in der SPD nicht ganz alleine. Über den Nachrichtenkanal Twitter spendete ihm die SPD-Linke Hilde Mattheis, Bundestagsabgeordnete aus Ulm, Beifall.

Die Klausur diente unter anderem dem Zweck, das miserable Wahlergebnis aufzuarbeiten und über den weiteren Kurs zu diskutieren. Gabriel versicherte, die stagnierenden Umfragewerte irritierten ihn nicht. Sie seien dem Umstand geschuldet, dass die SPD in der großen Koalition nun politische Vorhaben umsetze, wofür sie von einem vergleichbar großen Anteil der Bürger gewählt worden sei.

In einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ skizzierte der Parteichef den Kurs der SPD. Sie sei nicht bestrebt, um jeden Preis in die Mitte zu rutschen. „Es geht nicht darum, irgendwo hinzurutschen, sondern Politik für die Mehrheit der Bevölkerung zu machen“, so Gabriel. Die SPD sei „immer dann besonders erfolgreich, wenn sie sich selbst als sozial und als liberal verstanden hat“. Er wolle sich nicht von der FDP diktieren lassen, was unter Liberalität zu verstehen sei.

Für ihn bedeute es, die Politik der SPD „bildungs- und aufstiegsorientiert, freiheitsliebend und ökonomisch vernünftig“ auszurichten. „Liberalismus bedeutet im Kern, Menschen vor der Übermacht des Staates genauso wie vor der Übermacht des Marktes zu schützen“, sagte er. Die SPD dürfe sich nicht mit der Rolle als „Betriebsrat der Nation“ begnügen. Sie müsse Antworten liefern, dass Deutschlands Wirtschaft in der Weltspitze bleiben kann. Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte: „Wir wollen die Ersten sein, die Fragen von Aufstiegsmöglichkeiten und sozialer Gerechtigkeit mit einem gesunden wirtschaftlichen Wachstum verbinden.“