IdeenwerkBW-Schwerpunkt Präsentieren für Gründer (3): Krawatte ja oder nein, Highheels oder Sneaker? Es gibt keine Kleiderordnung für Startups. Aber das Urteil des Gegenübers muss man trotzdem einkalkulieren.

Stuttgart - Kleidungsgepflogenheiten im Job folgen wie die Mode dem Zeitgeist. Spätestens seit dem Vorstoß des ex-Daimler-Vorstandes Dieter Zetsche gilt für Männer: Schlips tragen ist derzeit zumeist out, Sneaker tragen in. Was noch in den 1990er Jahren in männerdominierten Bankenetagen als ‚Casual Friday‘ auch in Deutschland Einzug hielt und schlipsfrei und mit hochwertigem Shirt als lockerer Freitag das Wochenende einläutete, zieht sich heute über die gesamte Woche. Plakativ gilt: Casual ist das neue Smart.

 

Im Internet ist die Kleidungsfrage im Beruf regelmäßig ein Thema, was darauf schließen lässt, dass der eine oder andere nach Orientierung sucht, um sich auf der sicheren Seite zu wissen. Vorstellungsgespräche oder das Pitchen von Startups sind dabei ein Spezialfall – hier will man einerseits seine beste Seite zeigen, andererseits dynamisch und modern wirken.

Kleidung soll ein Signal des Vertrauens sein

Klar ist: Eine starre Kleiderordnung für Startups kann es schon gar nicht geben. Analog zu den flacher werdenden Hierarchien ist sie ja auch in Konzernen aus der Mode gekommen. Umso mehr muss man auf die subtilen Signale achten, die man mit der Auswahl seiner Kleidung aussendet. „Wir müssen uns alle einordnen“, sagt Verra. Er meint damit, dass Kleidung immer auch ein Erkennungszeichen ist und ein Mittel, um Vertrauen zu erzeugen. „Im Krankenhaus erwarten wir, dass der Arzt dort weiß gekleidet ist – wenn nicht im weißen Kittel, dann doch zumindest, weiße Hose, weißes Polohemd.

Der Arzt oder die Ärztin könnte natürlich auch im bunten Trägershirt, mit Badelatschen und sichtbaren Tattoos erscheinen. An der Expertise würde dies nichts ändern, aber als Patient wären wir extrem skeptisch“, sagt er. Das, so Verra weiter, sei auch keineswegs eine Frage des Alters.

Regeln sind sehr branchenabhängig

Insgesamt hängt der Kleiderkodex vor allem von der Branche ab, in der ich mich bewege, vom Anlass (Präsentation, tägliche Routine) und nicht zuletzt der Mode. Seltener thematisiert und für manch einen verblüffend als weiterer Faktor sind Farben. Starke Kontraste wirken laut psychologischer Studien kompetenter. Das ist unabhängig davon, ob der Betreffende ein Startup-Gründer mit 23 Jahren oder ein 67 Jahre alter Banker ist. „Unser Auge sieht vor allem Kontraste. Starke Kontraste lassen die Konturen klarer erkennen,“ sagt der Kommunikationsexperte Stefan Verra.

Evolutionär habe dies seine Begründung im Urwald, wo auf weite Sicht die Bewegungen eines Tieres mit scharfen Kontrasten besser zu erkennen waren. Egal ob dunkle Hose, weißes T-Shirt und lockeres Jackett, Anzug, Kostüm oder gar ein eleganter Hoodie aus Kaschmir, die dunkel-hell Kombination sieht Verra als gesetzt.

Nicht nur darauf bauen, was einem selbst gefällt

‚Ich ziehe nur an, was mir auch selbst gefällt’ heißt es insbesondere von Frauen. „Falsch“, sagt Verra und gibt zu bedenken, es gehe nicht nur um einen selbst. Jedes Kleidungsstück habe Einfluss auf das Umfeld. Sein Beispiel: „Eine Frau hat ein Faible für exquisite Schuhe. Hat sie ein Vorstellungsgespräch oder muss sie ihr Unternehmen Investoren vorstellen, sagt sie sich: ‚Ich muss mich elegant anziehen und wähle deshalb meine Jimmy Choos mit Peeptoe.‘“ Außer, dass die Frau mit ihrer Schuhauswahl vielleicht selbstbewusst auftreten will, signalisiere sie insbesondere zwei Dinge: „Wer mit diesen Hacken über einen Stein- oder Holzboden geht, hämmert dominant daher. Das hat eine enorme Fernwirkung.“

Zudem signalisiere eine Frau mit sehr hohen Absätzen wenig Aktivität. „Ein Investor, der in mein Startup Millionen investieren soll, erwartet, dass das Startup die Ärmel hochkrempelt, um ihm sein Geld schnell wieder zurückzuzahlen. Ärmel hochkrempeln heißt: Ich muss mit meiner Körpersprache Agilität und Aktivität zeigen.“ Mit Highheels dagegen signalisiere die Frau Eleganz und Weiblichkeit. Das, so Verra, solle sich jede Frau zumindest im Vorhinein bewusst machen.

Entsprechendes gilt für Männer mit genagelten Schuhen. Das bedeutet nicht, dass Mann und Frau zum Schmidtchen Schleicher mutieren müssen, die fortan auf Gummisohlen durchs Berufsleben schlurfen. Aber das Auge des Gegenüber fällt ein wichtiges Urteil.

Kleiderordnung für Startups: Der Status verwischt

Vor hundert Jahren ließ sich der soziale Status am Äußeren ablesen. Heute kann man wunderbare Kleidung von der Stange kaufen, die sich im ersten Augenblick nicht von einer Maßanfertigung unterscheidet. Mehr noch: Die Chefs von Google und Co. kommen in T-Shirt, Hoodie und mit Rucksack daher.

Man mag die Demokratisierung der Kleidung als Nachteil betrachten, weil sie für Verwirrung sorgt, das Zuordnen erschwert oder gar unmöglich macht. Insgesamt ist sie eher ein Vorteil, weil sie dazu auffordert, jedem Menschen respektvoll zu begegnen. Deswegen sollte eine gewinnende Körpersprache das Basis-Outfit sein. Denn wichtiger als was man trägt ist immer noch, wie man es tut.