Fynn Campbell sieht Kaffee als Luxusgut und trinkt selbst zwei Tassen am Tag. Foto: Stefanie Schlecht
Fynn Campbell betreibt die kleine Kaffeerösterei Cofymi und denkt groß: Friedrich Merz soll Kunde werden. Wie er dem Ziel näherkommt und warum ihm auch ernste Anliegen wichtig sind.
Kaffee ist für Fynn Campbell ein Genussmittel – „außer die Nacht war schlecht, dann geht’s auch mal nur um die Wirkung“, sagt der junge Vater und lacht. Kaffee ist Leidenschaft und Berufsinhalt zugleich: Seit 2020 führt er die hippe Kaffeerösterei Cofymi im Gewerbegebiet Gültstein und verkauft Röstungen namens Treibstoff, Wachmacher, Düsenantrieb oder Ankurbler. Seine Kaffeebohnen werden in Cafés und Unternehmen ausgeschenkt, Privatleute bestellen ihn von Berlin bis Garmisch-Partenkirchen. „Wir sind aber immer noch in der Start-up-Phase und gucken, dass wir rumkommen“, sagt Campbell.
Wie so viele Erfolgsgeschichten begann auch die von Cofymi in einer Garage. Zehn Jahre ist es her, da erzählte Campbell ein Freund von einem Youtube-Video, in dem Kaffee in einer Popcornmaschine geröstet wurde. In der Garage der Eltern wagten sie das Experiment – und scheiterten. „Die Bohnen wurden braun und fingen an zu riechen, aber der Kaffee hat absolut schlecht geschmeckt“, erzählt der 29-Jährige. „Das hat mir die Augen geöffnet, was für eine Wissenschaft Kaffee ist und dass so viel mehr dahinter steckt.“
Kaffee, der den Geist ankurbelt. Foto: Stefanie Schlecht
Das war der Startschuss für die Leidenschaft, bis zur Gründung der eigenen Rösterei führten aber Umwege: Campbell wollte erst Schauspieler werden, dann Pfarrer, er arbeitete bei der Post und machte eine Ausbildung zum Hotelfachmann. Mit einer Siebträgermaschine übte er abends, seinen Eltern den perfekten Cappuccino zuzubereiten. „Ich hab sechs bis acht Tassen gemacht, niemand konnte mehr schlafen.“
Als er mit Beginn der Pandemie ohne Job dastand, schloss er sich seinem Freund Corny Schelling an, der Kaffeecaterings anbot und dafür eigenen Rohkaffee kaufte, die Bohnen aber rösten ließ. Gemeinsam gründeten sie auf 220 Quadratmetern ihre eigene Rösterei – damals noch unter dem Namen Cofy, das „mi“ kam ein Jahr später dazu, als Mimi Kraus als Investor einstieg. Mittlerweile führt Fynn das operative Geschäft alleine.
Ungeröstet erinnern Kaffeebohnen an Erdnüsse. Foto: Stefanie Schlecht
Die ersten Packungen füllten sie von Hand ab und verschweißten sie mit einem Haarglätteisen. Längst ist der Betrieb professionalisiert mit hochmodernem Röstgerät, computergesteuerter Analyse und Verschweißgerät. Hauptvertriebsweg ist der Onlinehandel. Etwa 30 Tonnen Kaffeebohnen werden pro Jahr geröstet, sechs Minijobber packen mit an.
Was Cofymi besonders macht, ist der Versuch, das Geschäft so fair und nachhaltig wie möglich zu gestalten, wenngleich Campbell einräumt: „Kaffee ist per se kein nachhaltiges Produkt, sondern ein Luxusgut, darüber sind wir uns klar.“ Aber sie führen direkten Handel mit den Produzenten, die sie auf Plantagen in Peru, Mexiko und Brasilien besucht haben, und entlohnen sie fair, ohne Zwischenhändler und weitestgehend losgelöst vom Börsenpreis, sie verwenden nachhaltige Verpackungen, versenden mit CO2-Kompensation und spenden zehn Prozent des Profits an eine Kinderhilfsorganisation in Äthiopien. Der Hintergrund: „Corny und ich kommen beide aus dem kirchlichen Kontext. Uns ist wichtig, Werte wie Nächstenliebe in den Businesskontext reinzudenken.“ Der Cofymi-Slogan lautet deshalb auch: Kaffee, der gut schmeckt und Gutes tut.
Damit seine Kaffeebohnen in noch mehr Frühstückstassen landen, hat Campbell sich auf die Suche nach etwas gemacht, „womit man sich brüsten kann, ein Prestigeprojekt“. Unter der Dusche sei ihm die Idee gekommen: „Wie krass wäre es, wenn die leitenden politischen Köpfe unseres Landes Cofymi-Kaffee trinken würden?“ Er griff zum Telefon und rief erst im Bundestag, danach im Bundeskanzleramt an. Die Telefonate filmte er und postete sie unter dem Motto „Mission Bundestag“ bei Instagram. Zu hören sind verdutzte Reaktionen, wer für Kaffee im Bundestag zuständig ist, weiß niemand. Dann versucht Campbell es noch bei Friedrich Merz direkt und drückt bei dessen Profil auf Videocall, „weil Kaffee ist ja Chefsache“, die Funktion ist aber deaktiviert. Schließlich schreibt er Merz eine Nachricht und wünscht ihm noch eine schöne Woche.
Die Reaktion? „Herr Merz hat sich leider noch nicht gemeldet“, sagt Campbell, „aber ich weiß ja auch, dass er Besseres zu tun hat.“ Aber warum nicht einfach mal groß denken? Immerhin gebe es Erfolge im Kleinen: Der Böblinger Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz schenke in seinem Büro Cofymi-Kaffee aus, und der Reutlinger Abgeordnete Michael Donth habe Interesse signalisiert. Im November wird Campbell nach Berlin reisen und „schauen, was geht“.
Expresso mit X
Podcast Cofymi kooperiert mit einem der größten True-Crime-Podcasts, Mord auf Ex, für ein Charity-Projekt. Im Podcast wird ein Fall aus Kenia besprochen, bei dem ein Anwalt umgebracht wurde, der sich gegen moderne Sklaverei einsetzte. Die Ausstrahlung ist für November geplant.
Projektkaffee Cofymi steuert den Projektkaffee „Mord-auf-Expresso“ bei, dessen Erlös an den Verein International Justice Mission geht. Slogan der Kooperation ist: Hellwach für Menschenrechte.