Im Kleinen Rathaus in Bad Cannstatt haben Andreas Renner und Fritz Kuhn einen gemeinsamen Auftritt bei der traditionellen Sitzung des „hohen Rats der Kübler“.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Welche Narrenzunft lässt sich das entgehen? Die Oberbürgermeisterwahl im Herbst war am Dienstag bei der traditionellen Sitzung des „hohen Rats der Kübler“ in Bad Cannstatt das Hauptthema. Schließlich hatte man deshalb endlich mal wieder prominenten Besuch. Auf den ersten Blick schien alles klar zu sein: Fritz Kuhn, So-gut-wie-Kandidat der Grünen, saß entspannt plaudernd neben Andreas Renner, Fast-schon-Kandidat und „Kuhns Pendant bei der CDU“, wie Zeremonienmeister Andreas Zaiss ihn vorstellte. Sebastian Turner, Renners innerparteilicher Konkurrent, hatte abgesagt.

 

Angegriffene geben sich nicht geschlagen

Aber nicht nur, dass Zaiss auch Noch-nicht-entschieden-Rufe zu hören bekam bei der Präsentation Renners – es kam alles anders als erwartet. Unversehens fanden sich die beiden Aspiranten auf den OB-Posten in der Wahlkampfveranstaltung eines neuen Mitbewerbers: die FKPD, die Freie Kübler-Partei Deutschlands, so die närrische Idee, schickt ihren Oberkübler Steffen Kauderer ins Rennen. „Blau ist mein Programm“, ließ der die Honoratioren in der Weinstube Zaiss wissen, „für alle, die Schwarz, Rot und Grün nicht mehr sehen können“. Doch trotz professioneller FKPD-Werbemittel vom blauen Luftballon bis zur bedruckten Narrenrätsche: die Angegriffenen gaben sich nicht geschlagen.

Gefeilte Verse von Fritz Kuhn

Fritz Kuhn, im grünen „Blaumann“, den er auch gerne bei der Gartenarbeit trägt, und ganz der studierte Sprachwissenschaftler, suchte die Bad Cannstatter Obernarren durch gefeilte Verse im ortstypischen Idiom für sich einzunehmen. Eine kleine Kostprobe seines Vortrags: „Der Schuster hot’s jetzt hender sich, zwoi Schwarze kämpfed fürchterlich. Dr Renner lässt den Brilli stecka, will doch die Schwarze net verschrecka. Herr Turner fragt sich voller Gram, wie er gefällt Frau Eisenmann. Dr Kotz hot Angscht vor zu viel grün, no sod er halt ind Wüschde ziehn. Beim Rota do schaut jetzt Frau Blind, ob sie no ebbs zum Kandidiera find.“

Renner gibt sich Narren-nah

Andreas Renner machte einen auf – ich bin einer von euch. Als Vorstand der Kulturstiftung Schwäbisch-Alemannische Fastnacht freue er sich, „der nördlichsten Zunft in der evangelischen Diaspora“ einen Besuch abzustatten. Honig schmierte der frühere Singener Oberbürgermeister (in blauer Kutte der Singener Poppele-Zunft signalisierend: Verwaltungserfahrung) den hiesigen, der Landeshauptstadt kritisch bis ablehnend begegnenden Narren um den Mund, als er sagte: Cannstatt sei ja „nur ein bisschen Stuttgart“. Im Übrigen hoffe er, nächstes Jahr wieder in der jetzigen Konstellation an der Sitzung teilzunehmen: „Ich als OB, Fritz Kuhn als Grünflächenchef.“

Schuster erzählt Witze

Ob das möglich sein wird, ist fraglich, zum Programm der FKPD gehört die Forderung nach einer „badenerfreien Zone in der Altstadt“. Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, der den Küblern nach Jahren mal wieder einen Besuch abstattete, ließ offen, „ob wir uns vielleicht sogar mit einem Badener vertragen“. Schuster, der bei den Küblern eher als begeisterter, die Fasnetsferien nutzender Skifahrer bekannt war, gab sich launig, dem Närrischen keineswegs abholden Noch-OB und erzählte in der Tradition Manfred Rommels einige Witze. Dass er zumindest an Fasnet in Bad Cannstatt schon jetzt nicht mehr so viel zu sagen hat, war an seinem Aufzug zu erkennen. Schuster hatte die typische schwarze Melone der Kübler gewählt, doch die Fasanenfeder, deren Länge etwas aussagt über die Bedeutung im Zunftrat, war ziemlich kurz und nicht zu vergleichen mit der von Oberkübler Steffen Kauderer.