Quer durch die Republik gehören dem Bund 135 Kleingartenanlagen. Sie fallen ins Ressort von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Unwirtschaftlich sind sie nicht – sonst hätte er sie schon verkauft.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Wer hätte das gedacht: Neben all den Verwaltungs- und Regierungsaufgaben, die der Bund so zu erledigen hat, ist er auch Kleingärtner – jedenfalls indirekt. Das hat eine kleine Anfrage der Linksfraktion zu Tage gefördert, die sich wegen der Leerstandsproblematik bei Kleingartenanlagen – bundesweit vier bis fünf Prozent – an die Bundesregierung gewandt hat. Zu den Eigentumsverhältnissen der laut Bundesverband Deutscher Gartenfreunde rund eine Million Kleingärten konnte die Regierung mangels detaillierter Erfassung zwar gar keine Angaben machen. Dass der Bund über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) selbst auch Eigentümer von 135 Kleingartenanlagen ist, haben die regierungsamtlichen Recherchen allerdings zu Tage gefördert.

 

„In der Regel werden Kleingartenanlagen für unmittelbare Bundeszwecke nicht benötigt“, räumt die Behörde auf eine entsprechende Anfrage dieser Zeitung ein. Aber die Bundesanstalt verwaltet nicht zum ersten Mal reichlich exotische Liegenschaften. Sie hat schon Bunker (mehr als 200), ehemalige Kasernengelände und Truppenübungsplätze verkauft. Sie besitzt ein Fledermaushotel (auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Hohenfels), war mal Eigentümer einer Avus-Tribüne in Berlin, hat es vor ein paar Jahren geschafft, im rheinland-pfälzischen Rengsdorf zwei Dutzend einzelne Treppenstufen für insgesamt 380 Euro an 24 Privatleute und die Gemeinde zu verkaufen.

Mit einem Portfolio von Grundstücken mit einer Gesamtfläche von rund 490 000 Hektar, 38 000 Wohnungen und den 4700 Immobilien, in denen die Dienstliegenschaften der Bundesministerien untergebracht sind, ist die Bima eine der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands. 2015 hat sie Erlöse aus Verkäufen und Vermietung in Höhe von 2,7 Milliarden Euro an den Bundeshaushalt abgeführt.

Um den Titel des obersten Kleingärtners streiten sich die Minister Schäuble und Hendricks

Gemessen an ihren Hauptaufgaben sind die kleingärtnerischen Angelegenheiten eigentlich zu vernachlässigen. Wie der Bund zu seinen Gartengrundstücken kommt, ist laut Bima nicht gesammelt erfasst. Die acht bundeseigenen Kleingartenanlagen in Baden-Württemberg – drei in Stuttgart, zwei in Ludwigsburg, zwei in Ulm und eine in Freiburg – sind nach Angaben der Bundesanstalt schon lange im Staatsbesitz und haben überwiegend eine militärische Vorgeschichte. „Die Liegenschaften stammen ursprünglich aus dem Reichsvermögen“, heißt es. Die Flächen in Stuttgart und Ludwigsburg hätten im Deutschen Reich als Standortübungsplätze oder als Vorratsland für das Militär gedient. In Ulm grenzen die heutigen Kleingärten an das Gelände von Fort Albeck, das Teil der ehemaligen Bundesfestung Ulm/Neu-Ulm war. „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Flächen, die für gärtnerische Nutzung geeignet erschienen, als solche genutzt“, so die Bima. Für die Kleingärten in Ulm seien Anfang der 1950er Jahre die ersten Pachtverträge abgeschlossen worden.

Die Ertragslage bei den Kleingärten in Bima-Verwaltung ist für die Erfolgsbilanz der Behörde wahrscheinlich etwa so bedeutsam, wie die Schnittlauch-Ernte für diejenigen Gemüsespezialisten, die ihr Garten-Häusle abreißen mussten, weil sie bei der Zucht von Riesenkürbissen so erfolgreich sind. Aber unwirtschaftlich sind die Anlagen nicht, wie die Bima betont. Schließlich bestünden unbefristete oder langandauernde Pachtverträge. Deshalb sei ein Verkauf auch nicht dringlich. Aber da die Behörde „gesetzlich verpflichtet ist, entbehrliche Liegenschaften wirtschaftlich zu verwerten, muss sie perspektivisch auch die Kleingartenanlagen verkaufen“. Spruchreif sei da aber noch nichts. Bis es so weit ist, mögen Fachleute sich den Kopf darüber zerbrechen, ob Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), in dessen Ressort die Bima fällt, oder Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), die für die deutschen Kleingärten insgesamt zuständig ist, der Titel des obersten Kleingärtners der Bundesregierung gebührt.