Noch ist das Gebilde mit dem schrägen Dach von einem Bauzaun umgeben. Es steht seit einiger Zeit an exponierter Stelle im nördlichen Teil der alten Autobahntrasse – auf etwa 430 Metern über Meereshöhe mit weitem Blick über Leonberg. Noch klaffen etwa 3500 kleine Löcher in den vier Wänden.
Diese werden am 10. Mai von einigen Mitgliedern der Leonberger Bezirksgruppe des Deutschen Alpenvereins (DAV), die der Sektion Stuttgart angehören, mit bunten Griffen bestückt. Die restlichen Löcher werden aus Sicherheitsgründen, damit kein Finger hängen bleibt, mit Schrauben verschlossen. Fünf Tage später, am 15. Mai, um 15 Uhr, wird der Boulderblock offiziell von der Stadt seiner Bestimmung übergeben.
Treffpunkt für alle Kletterbegeisterte
Dieser soll künftig Treffpunkt für Kletterbegeisterte jeden Alters und Leistungsstands sein. Hier können sie ihren Sport ganz unkompliziert auf Absprunghöhe ausüben. Ein Sicherungsseil ist bei drei Metern Kletterhöhe nicht erforderlich. Eine Schicht aus 40 Zentimetern feinem Kies sorgt dafür, dass die Landung auf dem Boden nicht ganz so hart ausfällt. Wer das immer noch zu ungemütlich findet, sollte ein so genanntes „Crash Pad“, also eine weiche Matte, mitbringen.
„Es ist eine tolle Sache, dass wir diesen Boulderblock verwirklichen konnten, auch wenn die Gelder knapp sind“, sagt Florian Streib, der Leiter des städtischen Sport- und Kulturamtes, bei einer Vorabbesichtigung in dieser Woche. Seine Kollegin Daniela Löffler hatte das Projekt gemeinsam mit dem DAV vorangetrieben. Begonnen hatte es bereits im März 2018 mit einem Plankonzept „Grünraumvernetzung Kernstadt Leonberg“, dem der Gemeinderat geschlossen zugestimmt hatte. Unter anderem sollte die alte Autobahntrasse im Rahmen des „Landschaftsparkprogramms“ der Region Stuttgart neugestaltet und eine Verbindung zum Leobad und zur Leonberger und Gerlinger Heide geschaffen werden.
Im Januar 2021 waren die Menschen in Leonberg mit ihren Ideen gefragt, die sie in Form einer digitalen Bürgerbeteiligung einbringen konnten. Alina Sattler, die als Kind mit dem Klettern in der Georgii-Halle angefangen hatte – was die Leonberger DAV-Bezirksgruppe seit vielen Jahren anbietet – und mittlerweile selbst als Betreuerin aktiv ist, ließ sich nicht zweimal bitten. Bei Alex Metzler, dem Vorsitzenden der DAV-Bezirksgruppe, fand sie schnell einen Mitstreiter. Gemeinsam traten sie mit ihrem „Projekt Boulderblock“ an die Stadt heran. Nach intensiven Diskussionen gab der Gemeinderat schließlich grünes Licht. Eine Förderung seitens des Verbands Region Stuttgart in Höhe von 52 000 Euro machte ihnen die Entscheidung für diese Anlage, die insgesamt 135 000 Euro kostet, letztendlich leichter. Der Boulderblock aus einer wetterfesten Holzkonstruktion liegt bei 65 000 Euro, das Fundament bei 14 500 Euro. Für den Landschaftsbau mussten 54 000 Euro in die Hand genommen werden, hinzu kommen Zusatzausstattung und Kleinmaterial in Höhe von 1500 Euro.
Die Warteliste ist lang
Der Spatenstich war bereits Ende des Jahres 2023. Die Lieferung der Holzkonstruktion zog sich dann über ein Jahr in die Länge. Und nun steht das Projekt kurz vor der Vollendung. „Das wird unser Berg in der Stadt, der für alle da sein soll“, sagt die mittlerweile 21-jährige Alina Sattler, die Wirtschaftspädagogik studiert. Die Errichtung des Boulderblocks sei zudem Motivation gewesen, in diesem Sommer eine Jugendgruppe innerhalb der Leonberger Bezirksgruppe zu gründen. „Wir haben derzeit 800 Mitglieder, davon sind 160 Kinder und Jugendliche, und für sie wollen wir ein Angebot schaffen“, sagt der Vorsitzende Alex Metzler. In der Klettergruppe sind derzeit zwölf Kinder und Jugendliche. „Mehr können wir auf Grund der örtlichen Begebenheit und aufgrund der erforderlichen Zahl an Betreuern nicht aufnehmen“, sagt Alina Sattler. Auf der Warteliste stehen mehr als 60 Interessierte, die gerne diesen Sportart ausüben wollen. „Wir freuen uns, wenn wir sie für unsere Jugendgruppe gewinnen können, beim Bouldern auf der neuen Anlage wollen wir uns regelmäßig treffen und wir übernehmen auch die Pflege des Blocks.“ Der mittelgroße Boulderblock hat eine Kletterfläche von etwa 80 Quadratmetern. 420 Klettergriffe sowie acht größere Griffelemente – so genannte Volumina – werden nun am 10. Mai zu Touren geschraubt, sodass etwa sechs bis acht Personen gleichzeitig klettern können. Die Routen sind in drei Kategorien – leicht, mittel, schwer – eingeteilt. Um den Boulderblock bei jeder Witterung nutzen zu können, ist ein Dach als Regenschutz vorhanden. „Wir freuen uns, dass wir einen Beitrag zum Sportangebot der Stadt leisten können, der zudem kostenlos ist“, sagt Alina Sattler.
Der Block ist im öffentlichen Betrieb den Spielplätzen zugeordnet. „Weil alle Anlagen, die öffentlich und frei zugänglich sind, nach der Spielplatznorm aufgestellt, kontrolliert, gewartet und betrieben werden müssen. Die Abnahme durch einen Sachverständigen erfolgt ebenfalls nach diesen Normen“, erklärt Holger Pullwitt vom Tiefbauamt der Stadt Leonberg, der das Projekt von Beginn an begleitet hat. Und wichtig: gebouldert wird am Block auf eigene Gefahr.
Info Die Leonberger Bergsportler planen, wie bereits erwähnt, die Gründung einer Jugendgruppe. Interessierte können sich per E-Mail unter jugendgruppe@dav-leonberg.de melden.