„Jontef“ bedeutet Festtag – und einen solchen hat die gleichnamige Band dem Publikum bei ihrem Konzert in Fellbach beschert. Um den nötigen Abstand wahren zu können, fand der Abend in der Musikschule statt.

Fellbach - Für diejenigen, die gekommen sind, ist es ein Festtag gewesen. Allerdings waren es nur 35 Menschen, die sich am Samstagabend zum Konzert der Gruppe Jontef in die Musikschule Fellbach auf den Weg gemacht haben. Sie haben es nicht bereut.

 

Jontef kommt aus dem Jiddischen und bedeutet „Festtag“. Der Name ist bei den vier Musikern Programm. Vor 32 Jahren hat sich die Gruppe im Landestheater Tübingen formiert und ist jetzt mit einem „Jubiläumsprogramm“ unterwegs. Die Musiker spielen Corona-konform in Kirchen oder große Sälen. Im eher kleinen und intimen Gewölbe des Kunstvereins hätten weder die Abstandsregeln noch das kräftige Durchlüften nach 45 Minuten eingehalten werden können. Knut Matzen vom Kunstverein wollte dennoch nicht auf die bereits gebuchte Gruppe verzichten. Zu Recht. Er wich in die Musikschule aus.

Ausflug in die jiddische Kultur

Exakt vor zehn Jahren hatte der Kunstverein „Jontef“ schon einmal nach Fellbach geholt, Spielfreude und musikalisches Können auf höchstem Niveau hatten bereits damals beeindruckt. Daran hat sich nichts geändert, an den Umständen durch Corona jedoch einiges. Aber Profis lassen sich dadurch nicht aus dem Rhythmus bringen, auch wenn es schwer sein dürfte, vor vielen leeren Stühlen und Stuhlreihen zu spielen und Menschen mit Masken vor sich zu haben. Nach rund zwei Stunden Klezmermusik vom Feinsten – unterbrochen von einer fast halbstündigen Pause fürs Lüften – klatschten alle im Saal begeistert mit und applaudierten sich noch zwei Zugaben heraus.

Jontef hat die Menschen mitgenommen in die jiddische Welt und Kultur, hat ihnen Geschichten erzählt – in Worten, aber vor allem mit der singenden und zuweilen melancholischen Geige, der fröhlichen, zwitschernden und sentimentalen Klarinette, dem herzhaften, sensiblen und virtuosen Akkordeon, dem sonoren und rhythmischen Kontrabass und dem unbeschwerten Tamburin. Begleitet von Gesang und Sprechpassagen – eine Mischung, die schnell ins Blut ging, den Rhythmus in die Beine trieb, den ganzen Körper erfasste.

Im Duett mit dem Kontrabass

Der in Israel gebürtige Schauspieler Michael Chaim Langer ist bei Jontef der Sprecher. Dass er auch als Schauspieler auf der Bühne steht, spürt man bei jeder Geste, bei jedem Satz. Joachim Günther ist Komponist, aber nicht nur das macht ihn so wertvoll für die Gruppe. Er ist vor allem ein begnadeter Musiker. Sein Akkordeonspiel ist perfekt, der Klarinette verleiht er wunderschöne Klangfarben und spielt Solopassagen, von denen man sich wünscht, dass sie nie zu Ende gehen.

Im Duett mit dem Kontrabass, den Peter Falk mit Ruhe, Rhythmus und Nonchalance spielt, singt die Klarinette geradezu. Die Geige spielt Wolfram Ströle, er lässt sie seufzen und frohlocken, wird mit ihr sentimental und heiter, setzt sie begleitend und solistisch ein. Einige Male greift er zur Gitarre, dem Instrument, das beim Erzählen von Geschichten, etwa am Lagerfeuer, nie fehlen darf. Damit sind die Hauptinstrumente der Klezmer-Musik mit hervorragenden Musikern besetzt. Dass sie viele Jahre zusammenspielen macht ihr Spiel rund und souverän, verleiht ihm Energie. Das Musikerlebnis ist nachhaltig, wohltuend und anregend.

Kleinkunstpreis für Jontef

Jontef hat für seine Klezmermusik den Kleinkunstpreis Baden-Württemberg erhalten. In Fellbach erzählte das Quartett mit seinen Instrumenten Geschichten aus der jiddischen Tradition. Es fragte, woher der Mensch kommt und wer er ist. Es beleuchtete das Schicksal eines Arbeiters, der seine Familie nicht satt bekommt und erzählte von Dämonen und Kobolden. Schön, wenn sich dabei Klarinette und Kontrabass begegnen oder die Geige dem Kontrabass die Melodie vorgibt. Hoffentlich dauert es nicht wieder zehn Jahre, bis Jontef erneut nach Fellbach kommt.