Klima und Agrarwirtschaft Überwindung der Frontstellung

Umweltministerin Steffi Lemke und Agrarminister Cem Özdemir (beide Grüne) wollen miteinander statt gegeneinander arbeiten. Foto: AFP/John Macdougall

Umweltministerin Lemke und Agrarminister Özdemir wollen Klima und Umwelt besser schützen und zugleich die Bauern fair bezahlen. Es ist an der Zeit Versäumtes nachzuholen, meint Bernhard Walker.

Berlin - Zwei Kabinettsmitglieder sprechen gemeinsam auf einem Kongress: Was eigentlich stinknormal ist, war bisher bei der jährlichen Agrartagung des Bundesumweltministeriums nicht der Fall. Die Tagung verstanden die SPD-Umweltminister als Stichelei gegen das von der Union geführte Agrarressort. Und so nahm die frühere Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) nie daran teil. Dieses alberne Polittheater ist nun zum Glück vorbei – am Dienstag sprachen Umweltministerin Steffi Lemke und Agrarminister Cem Özdemir auf dem Kongress.

 

Eine schwierige Verbindung

Weil beide Grünen-Politiker noch keine zwei Monate im Amt sind, kamen sie über Ankündigungen nicht hinaus. Die jedoch gehen in die richtige Richtung. Lemke und Özdemir wollen die Frontstellung überwinden, die bisher herrschte. Wann immer die Umweltseite von mehr Gewässer-, Insekten- oder Tierschutz sprach, hörten viele Landwirte dabei kein Mehr – so begründet das auch ist –, sondern verständlicherweise ein Weniger, sprich: einen Rückgang beim Ertrag und damit bei den Einkommen. Die Frage ist also, wie sich beides verbinden lässt: Umwelt- und Klimaschutz und eine faire Bezahlung der Bauern.

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Genau das wollen die beiden Minister erreichen. Lemke sieht darin eine Herkulesaufgabe, und das ist es auch. Denn Jahr für Jahr geben in den alten Bundesländern zwei bis drei Prozent der Höfe auf. Und kamen früher etwa 50 Prozent des Verkaufspreises von Lebensmitteln bei den Landwirten an, sind es seit Langem nur noch 20 bis 25 Prozent. Diesen Niedergang haben Lemkes und Özdemirs Vorgänger nicht aufgehalten. Umso mehr drängt nach 16 Jahren, in denen CDU und CSU das Berliner Agrarressort führten, die Zeit, Versäumtes nachzuholen, das heißt: endlich ein Agrarsystem zu ändern, das Schweine-, Geflügel- und Schlachthofbaronen sowie den Eigentümern von großen Agrarflächen dient, sonst aber niemandem nutzt – weder den bäuerlichen Familienbetrieben noch der Natur oder den Nutztieren.

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