Die Menschheit verbraucht mehr Boden, Energie, Nahrung, Wälder und Wasser, als die Erde regenerieren kann. Die natürlichen Grenzen sind schon längst überschritten – mit besorgniserregenden Folgen für die Zukunft.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Nicht nur die Klimawandel bedroht das Leben auf der Erde, sondern auch andere vom Menschen beeinflusste Entwicklungen. Dazu gehören etwa die knapper werdenden Süßwasserreserven, die Umweltverschmutzung und die Verringerung der Artenvielfalt (Biodiversität).

 

Die Earth Commission, ein internationaler Zusammenschluss von Wissenschaftlern, hat nun sichere und gerechte Grenzen des Erdsystems benannt und in Zahlen gefasst.

In ihrer Studie in der Fachzeitschrift „Nature“ schreibt die Gruppe um Johan Rockström vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), dass sieben von acht sicheren und gerechten Grenzen bereits überschritten seien.

Wie belastend ist die menschliche Zivilisation für die Erde?

Aus Sicht der mehr als 40 Wissenschaftler gefährdet der Mensch mit seiner heutigen Lebensweise die Stabilität und Belastbarkeit des gesamten Planeten.

Biodiversität

Bei der Biodiversität zum Beispiel sehen die Studienautoren bereits zwei sichere und gerechte Grenzen überschritten: 50 bis 60 Prozent der Landfläche müssten naturbelassen sein oder nachhaltig bewirtschaftet werden, damit die natürlichen Leistungen der Ökosysteme wie Bestäubung, frisches Wasser und frische Luft erhalten bleiben. Derzeit treffe dies aber nur auf 45 bis 50 Prozent der Landfläche zu.

Klimawandel

Zum Tragen kommt das Gerechtigkeitskonzept auch beim Klimawandel: Während eine Erwärmung um 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter von den Wissenschaftlern noch als „sicher“ eingestuft wird, sehen sie die Erwärmung um maximal ein Grad als „gerecht“ an.

Denn schon beim heutigen Stand seien mehrere zehn Millionen Menschen massiv vom Klimawandel betroffen, schreiben die Studienautoren. Diese Zahl werde sich mit jedem Zehntelgrad größerer Erwärmung drastisch erhöhen.

Menschheit benötigt zwei Planeten

Lebt die Menschheit unverändert weiter wie bisher, benötigt sie bis 2030 zwei Planeten, um den Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Bis 2050 wären es knapp drei, prognostiziert der WWF in seinem jährlichen Umweltbericht.

Zum Vergleich: 1961 benötigte die Menschheit nur zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Wie lange wird das noch gut gehen? Dass angesichts der begrenzten Ressourcen ein globales Umdenken und Umsteuern stattfinden muss, ist unbestritten. Die Frage ist, wo der Hebel zu einem ökologisch nachhaltigen Weltwirtschaftssystem ansetzen soll. Acht Milliarden Menschen – bis 2050 werden es vermutlich mehr als zehn Milliarden sein – mit den elementaren Dingen des Lebens zu versorgen.

„Unser System frisst sich selbst auf“

Das ist eine gewaltige Herausforderung, die nur durch mehr Wachstum zu leisten ist – anders als bisher allerdings mit weniger Naturverbrauch und Raubbau. Der Wandel in Richtung mehr Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit muss gelingen.

Sollte dieser Wandel misslingen, werden sich die globalen Krisensymptome weiter verschärfen. Dann könnte die Warnung des australischen Umweltaktivisten und früheren Chefs von Greenpeace International, Paul Gilding, Wirklichkeit werden: „Mit dem Zwang zu immer mehr Wachstum und einer Überforderung des Planeten frisst sich unser System selbst auf.“