Klimaaktivistin auf dem Heimweg Was eine Fahrt Greta Thunbergs mit der Deutschen Bahn auslösen kann

Greta Thunberg lehnt es ab zu fliegen, weil dabei besonders viele Treibhausgase ausgestoßen werden. Um von ihrer Klimareise nach Hause zu kommen, nimmt sie auch einen deutschen ICE. Was dann passierte.
Berlin - Bahnreisende in Deutschland kennen das: Der Zug ist total überfüllt, alle Sitzplätze sind besetzt - bleibt nur, sich auf den Boden zu hocken. Dort fand sich am Samstag auch Klimaaktivistin Greta Thunberg wieder. Eigentlich keine große Geschichte - hätte die junge Schwedin nicht ein Foto dazu auf Twitter gestellt. Es zeigt Thunberg umringt von viel Gepäck, wie sie in einem Zug auf dem Boden sitzt und gedankenversunken nach draußen blickt. Es ist hell, hinter ihr ist ein Plakat zu sehen, auf dem auch das Wort „Komfort“ steht. Sie selbst schrieb dazu, sie sei unterwegs „in überfüllten Zügen durch Deutschland“ - und endlich auf dem Heimweg.
Viel Spott für die Bahn
Was folgte, war ein Aufschrei bei Twitter. Thunberg hat 3,6 Millionen Follower. Zahlreiche Nutzer reagierten amüsiert auf das Foto - denn Spott über die Deutsche Bahn, Zugverspätungen und überfüllte Züge gibt es in den sozialen Medien viel. „Stell dich auf Verzögerungen ein“, warnte jemand. Ein anderer kommentierte: „Willkommen in Deutschland, der öffentliche Transport hier ist ein Chaos...“. Und ein weiterer befand: „A true deutsche bahn experience“ - eine wahrhaftige DB-Erfahrung also.
Für die Deutsche Bahn eine schwierige Lage: Denn sie warb just am Sonntag damit, dass es zum Fahrplanwechsel mehr Züge und mehr Fahrten gebe. Klimafreundliches Reisen werde damit noch attraktiver. Der bundeseigene Konzern spielt eine wichtige Rolle auch im Programm der Bundesregierung für mehr Klimaschutz, der Staat steckt zusätzliche Milliarden in die Schiene. Die Bahn hat aber immer noch große Probleme mit Verspätungen und Engpässen im Netz.
Sitzplatz in der Ersten Klasse
Mit Thunbergs Foto vom Platz auf dem Boden war die Geschichte aber noch längst nicht auserzählt. Zunächst teilte die Bahn mit, Thunberg habe auf dem Weg von Frankfurt nach Hamburg zwischen Kassel und Hamburg auf einem Sitzplatz in der Ersten Klasse gesessen - also den größeren Teil der Fahrt, die laut Fahrplan knapp vier Stunden dauert.
Auf Twitter schrieb die Bahn, sie freue sich, dass Thunberg „uns Eisenbahner“ im Kampf gegen den Klimawandel unterstütze. „Wir haben uns gefreut, dass Du am Samstag mit uns im ICE 74 unterwegs warst. Und das mit 100 Prozent Ökostrom.“ Und dann: „Noch schöner wäre es gewesen, wenn Du zusätzlich auch berichtet hättest, wie freundlich und kompetent Du von unserem Team an Deinem Sitzplatz in der Ersten Klasse betreut worden bist.“
Darauf folgten in den sozialen Medien Kommentare, Thunberg habe die Öffentlichkeit getäuscht. Die 16-Jährige reagierte. Ihr Zug von Basel aus sei ausgefallen, weshalb sie im Anschluss in zwei verschiedenen Zügen auf dem Boden gesessen habe, twitterte sie am Sonntag. Hinter Göttingen habe sie schließlich einen Sitzplatz erhalten. „Das ist natürlich kein Problem und ich habe niemals gesagt, dass es eines wäre.“ Sie konnte der Situation auch etwas Positives abgewinnen: „Überfüllte Züge sind ein großartiges Zeichen, weil das bedeutet, dass die Nachfrage nach Bahnreisen groß ist.“
Ein versöhnliches Ende also? Für Thunberg jedenfalls gingen viereinhalb Monate fernab der schwedischen Heimat zu Ende. Anfang August war sie zunächst per Zug nach Lausanne in die Schweiz zu einer internationalen Konferenz der Klimabewegung Fridays für Future gereist. Von dort aus ging es weiter nach Plymouth, wo sie an Bord der Hochsee-Rennjacht „Malizia“ vom norddeutschen Segelprofi Boris Herrmann und dessen Co-Skipper Pierre Casiraghi in 14 Tagen über den Atlantik nach New York gebracht wurde. Schon da gab es Kritik, weil ein Teil ihres Teams geflogen sei.
Greta freut sich auf Wiedersehen mit ihrer Familie
Auf der anderen Seite des Ozeans nahm die 16-Jährige unter anderem am UN-Klimagipfel in New York teil, ehe sie für Klimaproteste und andere Termine erst ins kanadische Montreal und dann quer durch die USA bis nach Los Angeles reiste. Von dort sollte es zur Weltklimakonferenz in Santiago de Chile weitergehen - daraus wurde aber nichts, weil Chile die Zusammenkunft wegen der Unruhen nicht ausrichten konnte.
Stattdessen sprang Madrid ein - und Thunberg machte sich auf den Rückweg nach Europa. Per Katamaran eines Youtuber-Paars gelangte sie von Virginia nach Lissabon und von dort rechtzeitig zu einem großen Klimaprotest am 6. Dezember nach Madrid. Auf der UN-Klimakonferenz kritisierte sie, den Politikern wohlhabender Staaten fehle jegliches Gefühl für die Dringlichkeit der Krise.
Auf dem Weg zurück nach Schweden legte sie am Freitag einen kurzen Zwischenstopp in Turin in Italien ein. Erst hielt sie auch dort eine Rede vor Klimademonstranten, dann sagte sie vor Journalisten, dass sie eine Pause brauche und Weihnachten zu Hause in Schweden verbringen werde. Von ihrer Familie war auf der großen Reise nur Vater Svante dabei, zu Hause erwartet sie nun das Wiedersehen mit ihrer Mutter Malena Ernman sowie ihrer Schwester und den beiden Familienhunden. Und sicherlich zunächst keine größere Zugreise mehr.
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