Klimakampagne Ludwigsburg Fridays for Future lehnt Zusammenarbeit ab – Grund ist ein polarisierender Slogan

Fridays for Future und Ludwigsburg Zero haben keine Lust auf die Klimakampagne der Stadt. Foto: Benjamin Stollenberg

Am Mittwoch hat Oberbürgermeister Matthias Knecht die Klimakampagne mit vielen Partnern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft gestartet. Zwei wichtige Klimagruppen der Stadt haben die Zusammenarbeit jedoch abgelehnt.

Ludwigsburg : Emanuel Hege (ehe)

Während der Auftaktveranstaltung am Mittwochnachmittag im Franck-Areal wird klar: In diesem städtischen Projekt steckt viel Arbeit. Die PR-Kampagne „Lust auf[ ]“ soll in den kommenden zwei Jahren jeden Ludwigsburger auf die ein oder andere Weise erreichen und für den Klimaschutz begeistern. Dafür hat die Stadt Ludwigsburg verschiedene Akteure aus Sport, Kultur und der Wirtschaft zusammengebracht. Die Klimaschutzgruppen Fridays for Future und Ludwigsburg Zero haben der Kampagne jedoch eine Abfuhr erteilt: Damit drehe man sich nur im Kreis, der Fokus müsse auf den Maßnahmen liegen.

 

Das steckt hinter der Klimakampagne

Im Herbst 2022 hat der Ludwigsburger Gemeinderat eine klimaneutrale Stadt bis 2035 beschlossen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind bereits einige Maßnahmen in der Umsetzung. Beispielsweise der Wärmeplan der Stadtwerke oder die Solaraktion „Pack’s drauf“, die Hauseigentümer von einer eigenen Solaranlage überzeugen soll. Der neueste Bestandteil der Ludwigsburger Klimastrategie ist die PR-Kampagne „Lust auf[ ]“.

Die hat vor allem drei Ziele:

  • die städtischen Maßnahmen und Angebote sollen transparenter werden
  • die unterschiedlichen Akteure aus Sport, Kultur und Wirtschaft sollen zusammen am Klimaschutz arbeiten
  • die Kampagne soll Bürgerinnen und Bürger motivieren, selbst etwas für den Klimaschutz zu tun.

„Die Menschen sollen wissen, wenn sie aktiv werden wollen, können sie sich an die Stadt wenden“, fasst Baubürgermeisterin Andrea Schwarz die Projektidee zusammen.

Die Kampagne ist auf zwei Jahre angesetzt und kostet rund 70 000 Euro – inklusive des Honorars für eine Agentur sowie Ausgaben für Werbung und Veranstaltungen. 90 Prozent der Projektkosten werden vom Land gefördert. In den kommenden Wochen startet die Kampagne mit Plakaten und Social-Media-Aktionen. Zudem wird ein Infomobil in der Stadt unterwegs sein, an dem die Verantwortlichen der Stadt mit den Bürgern ins Gespräch kommen wollen.

Vorwurf: Klimaschutz dreht sich im Kreis

Für die Kampagne hat sich die Stadt namhafte Partner an die Seite geholt, unter anderem die Schlossfestspiele, Hahn+Kolb, den MTV Ludwigsburg und Nachhaltigkeitsvereine wie den ADFC und die Solarinitiative. Absagen für eine Zusammenarbeit gab es jedoch von Fridays for Future (FFF) und Ludwigsburg Zero – zwei Klimaschutzgruppen, die teils enge Beziehungen zueinander pflegen. „Wir arbeiten gut mit der Stadt zusammen, wir wollen aber nicht Teil dieser Kampagne sein“, sagt Achim Egner von Ludwigsburg Zero. Die Gruppe sehe sich nicht Seite an Seite mit Unternehmen der Automobilindustrie, man bezweifle deren Interesse am Klimaschutz. Zudem wirke die Kampagne wie ein „symbolischer Akt, den wir nicht brauchen“, sagt Teammitglied Farina Hasak. Stattdessen müssten jetzt mehr konkrete Maßnahmen gestartet werden.

„Uns hat sich der Ansatz der Kampagne nicht erschlossen“, erklärt FFF-Mitglied Elisabeth Alber. Die Stadt versuche, die Menschen mitzunehmen und vom Klimaschutz zu überzeugen, obwohl die Bürgerumfrage Ludwigsburg der evangelischen Hochschule von 2022 bereits zeige, dass fast 70 Prozent der Ludwigsburger wissen, dass es für den Klimaschutz tiefgreifende gesellschaftliche und soziale Veränderungen braucht. „Man möchte sich hier eines Rückhalts versichern, den es bereits in der Bevölkerung und im Gemeinderat gibt“, sagt Alber.

Der Klimaschutz der Stadt drehe eine unnötige Schleife. Jetzt, da es endlich konkret werden müsste, werde wieder geredet. Laut Alber ist es ein wiederkehrendes Phänomen: Der Klimaschutz werde mit dem Argument ausgebremst, dass die Bürger an Bord geholt werden müssten – dabei sei der Großteil längst an Bord.

Eine pikante Auseinandersetzung

Fridays for Future hätte laut eigener Aussage über die Bedenken hinwegsehen können und mitgemacht, die Gruppe geriet dann aber mit den Verantwortlichen der Kampagne aneinander. Jeder Partner hat vor dem Start der PR-Kampagne ein eigenes Schlagwort gewählt. Der MTV Ludwigsburg beispielsweise „Lust auf [was bewegen]“, oder die Schlossfestspiele mit „Lust auf [Zukunftsmusik]“. Fridays for Future hatte den Slogan „Lust auf [autofreie Innenstadt]“ eingereicht. Die Stadt erteilte diesem Spruch jedoch eine Abfuhr, daraufhin zogen wiederum die Klimaschützer ihre Unterstützung zurück.

Matthias Knecht reagiert

Projektleiterin Andrea Kufferath-Sieberin bestätigt, dass der Slogan „Lust auf [autofreie Innenstadt]“ untersagt wurde. „Wir wollen die ganze Stadt mitnehmen, dieser Slogan ist aber stark polarisierend. Das passt einfach nicht zum Ansatz der Kampagne.“ Auch Oberbürgermeister Matthias Knecht reagiert auf die kritischen Töne.

Die Wahlergebnisse der letzten Wochen hätten gezeigt, dass das Erstarken der Extremen auch damit zusammenhänge, dass sich Menschen nicht abgeholt und teils überfordert fühlten. Klimaschutzmaßnahmen müssten erklärt, die Menschen aktiv mitgenommen werden – sonst leide der gesellschaftliche Zusammenhalt. Maßnahmen würden wegen der PR-Kampagne nicht vernachlässigt werden, versichert Knecht. Es brauche beides: konkreten Klimaschutz und die Kommunikation darüber.

Hintergründe zur Kampagne und den Klimaschutzgruppen

Lust auf [ ]
 Die Klimakampagne „Lust auf [ ]“ soll eine Dachstruktur für die zukünftige Kommunikation rund um die Klimaneutralität in Ludwigsburg bilden. Dafür hat die Stadt die Nachhaltigkeitsagentur Blumberg aus Esslingen für eine zweijährige Zusammenarbeit engagiert. Danach soll die Kommunikation in Eigenregie der Stadt weitergeführt werden. Weitere Infos unter www.klammer-auf.de.

Klima-Gruppen
 Die Ortsgruppe von Fridays for Future ist schon seit vielen Jahren aktiv und organisiert unter anderem den Klimastreik und das Klima-Camp. Ludwigsburg Zero ist eine neuere Gruppe und fällt durch die Mischung aus jüngeren und älteren Engagierten auf. Die Gruppe machte im Januar Schlagzeilen, als sie mit einem Einwohnerantrag mit 1400 Unterschriften eine Verdreifachung der Photovoltaik-Leistung für die Stadt forderte.  

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