Auch Fahrräder sind nicht völlig klimaneutral: Sie produzieren vor allem bei der Herstellung CO2. Ein Ehninger Hersteller will nun völlig CO2-neutral werden.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Ehningen - Autos stoßen CO2 aus, das muss man in der Autoregion Stuttgart niemandem erklären. Jeder Liter verbrannter Diesel oder verbranntes Benzin sorgt dafür, dass etwa 2,5 Kilogramm Kohlendioxid in die Luft geblasen werden. Selbst jedes verbrauchte Kilowatt Strom hinterlässt seine Spuren in der Atmosphäre, sofern es nicht rein aus Ökostrom gewonnen ist. Und da ist die Herstellung noch nicht eingerechnet. Aber Fahrräder?

 

345 Kilo CO2 für ein Rad? Zu viel für den Fahrradbauer

345 Kilogramm CO2 werden für die Produktion und durch die Lieferkette eines Fahrrades ausgestoßen. 108 Kilo kommen durch Nutzung und Wartung über dessen gesamte Lebensdauer hinzu. Bei E-Bikes sind es jeweils etwas mehr. Auf dieses Ergebnis kam Nico Hoffmann, der Gründer der Radwelt Ehningen, einer kleinen schwäbischen Fahrradmanufaktur. Das war ihm zu viel. Also kündigte er vor wenigen Tagen an, die Produktion seiner Fahrräder zu 100 Prozent CO2-neutral zu machen. Wie kam es dazu?

Die Fridays-for-Future-Bewegung hätte keine Rolle gespielt, sagt Hoffmann, obwohl er schon mal in Stuttgart bei einer Demo mitmarschiert sei. Aber durch seinen Hauptjob – Hoffmann arbeitet Vollzeit bei den Stadtwerken Böblingen – sei er für Energiethemen sensibilisiert, er versuche auch privat, den CO2-Ausstoß zu vermeiden. Ausschlaggebend sei aber schließlich ein Artikel gewesen, der ihm auf Facebook unterkam. Autos seien in der CO2-Bilanz besser als Fahrräder, hieß es dort. Das ist natürlich Unsinn, aber Hoffmann begann zu recherchieren. Er kontaktierte Zwischenhändler, fragte bei Herstellern seiner Fahrradkomponenten nach. Die Rückmeldungen seien aber eher in die Richtung „Was will er denn überhaupt?“ gegangen, erzählt Hoffmann. Also berechnete er den CO2-Ausstoß aller Komponenten eines Fahrrades mit einem Online-CO2-Rechner selbst. Und sagte den Emissionen den Kampf an.

Manches ist Ablasshandel, aber „irgendwo muss man anfangen“

Der Einfluss von Hoffmans Produktionsstätte ist überschaubar, denn wer bei Fahrradmanufaktur an eine große Fertigungshalle denkt, liegt falsch. Hoffmann fertigt seine Räder in einer Holzhütte in Ehningen, die Arbeitsfläche ist vielleicht 30 Quadratmeter groß. Aber: „Irgendwo muss man anfangen“, sagt Hoffmann.

Der Fahrradschrauber bezieht deswegen seit den Anfängen seiner Radwelt Ökostrom. Dazu will er die Beleuchtung nach und nach auf LED umstellen, und die Lieferanten sollen so nahe wie möglich sein – was nicht immer ganz leicht ist. Die Alurahmen, die er für seine Bikes verwendet, kommen aus der Eifel, die Carbon-Rahmen aus Italien. Anbauteile, wie etwa Schaltungen, kommen häufig vom japanischen Hersteller Shimano. Was sich durch diese Lieferungen an CO2-Ausstoß nicht verhindern lässt, kompensiert Hoffmann mit Zahlungen an die gemeinnützige Organisation Atmosfair, die das Geld für Klimaschutzprojekte einsetzt. 15 bis 20 Euro pro Fahrrad würden zusammenkommen. „Das ist auch nur Ablasshandel, aber immerhin ein Anfang“, sagt Hoffmann.

Was Hoffmann stört, ist das Thema Verpackung. Jedes gelieferte Teil sei einzeln verpackt, teilweise in Karton und Plastiktüte. „Sie müssten sehen, was sich da nach einer Lieferung ansammelt“, sagt Hoffmann. Einzelnen Herstellern habe er geschrieben, dass das für ihn unnötig sei. Bei den meisten habe das zwar nichts geändert, ein langsames Umdenken könnte aber trotzdem stattfinden, sagt Hoffmann und zeigt auf eine Fahrradpumpe, die zum Verkauf an der Wand seiner Hütte hängt. Seit diesem Jahr wird die Plastikverpackung weggelassen.