Um ihren Klimaplan umzusetzen, braucht die Bundesregierung die Zustimmung des Bundesrates. Die Grünen, in vielen Landesregierungen vertreten, wollen hier den Hebel für eine Verschärfung ansetzen.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Die Bundesregierung hat begonnen, ihr Klimapaket in den parlamentarischen Prozess einzubringen. Einen Teil ihrer Pläne kann sie mit der eigenen schwarz-roten Mehrheit im Bundestag Gesetz werden lassen. Aber bei einem anderen Teil braucht sie die Zustimmung des Bundesrates. Wie reagieren darauf die Grünen, die in aktuell neun von sechzehn Bundesländern mitregieren und das Klimapaket für einen Flop halten: mit scharfem Widerstand oder geschmeidigem Mittun?

 

„Wir werden im Bundesrat genau schauen, welche Punkte im Gesetz Klimaschutz voranbringen. Wir werden nicht blind blockieren“, sagt Michael Kellner, Politischer Bundesgeschäftsführer der Grünen. Gleichzeitig gelte aber auch: „Wir werden diesem Paket nicht ein grünes Ökosiegel aufkleben, das es nicht verdient hat“, sagt Kellner. „Die Maßnahmen der Bundesregierung reichen vorne und hinten nicht, um die international vereinbarten Ziele des Pariser Klimaschutz-Abkommens zu erfüllen.“

Sechzig Euro für jede Tonne Kohlendioxid

Noch ist nicht genau klar, welche Klimaschutz-Vorhaben durch den Bundesrat müssen. Aber die Grünen wollen versuchen, Verschärfungen des Regierungsprogramms zu erreichen. Wenn es in den nächsten Wochen auch in Brandenburg und Sachsen zu einer grünen Regierungsbeteiligung kommen sollte, sitzt die Partei in elf Landeskabinetten – und ist damit ein einflussreicher Mitspieler im Bundesrat.

Für die Grünen besonders wichtig ist eine Veränderung am Kohlendioxid-Preis. „Die große Koalition will bei den Kohlendioxid-Zertifikaten bei zehn Euro pro Tonne einsteigen. Das ist lächerlich gering“, betont Kellner. „Wir wollen bereits im Jahr 2021 einen Preis von sechzig Euro. Nur dann entfaltet es die notwendige Lenkungswirkung.“

„Der Kohleausstieg im Jahr 2038 kommt zu spät“

Enttäuschend findet der Grünen-Politiker die Koalitionspläne zur finanziellen Entlastung der Bürger im Gegenzug zu künftig höheren Energiekosten. Die Grünen wollen einen höheren CO2-Preis, aber gleichzeitig einen größeren sozialen Ausgleich: „Über ein Energiegeld für alle sollten die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zu hundert Prozent an die Bürger zurückfließen.“

Für unzureichend halten die Grünen auch die ordnungspolitischen Eingriffe. Um den Klimaschutz deutlich zu verbessern, brauche es klare staatliche Vorgaben – inklusive Verboten. „Der Kohleausstieg im Jahr 2038 kommt zu spät, das muss deutlich früher passieren“, sagt Kellner. „Es ist auch ein Witz, den Einbau von neuen Ölheizungen noch bis 2026 zu erlauben. Wir wollen sie sofort verbieten und den Einbau von Gasheizungen ab 2025.“

„Das Festhalten an der Schwarzen Null halten wir für falsch“

In der Praxis scheitern viele Öko-Vorhaben, weil die Genehmigung etwa von Stromtrassen über Land oder E-Ladesäulen in Privathäusern zu kompliziert ist und zu lange dauert. „Das muss alles schneller werden, ohne allerdings dabei die Beteiligung der Bürger auszuschalten. Dafür braucht es deutlich mehr Personal in den Planungs- und Genehmigungsbehörden“, sagt der Grünen-Geschäftsführer. „Und wir müssen vor allem den Kommunen helfen – mit verlässlichen Investitionshilfen, finanzieller Entlastung und leichteren Planungsinstrumenten für den Klimaschutz.“

Das Klimapaket wird zu deutlichen Belastungen der deutschen Wirtschaft führen – und dass zu einer Zeit, in der die Konjunktur anfängt zu schwächeln. Nach Ansicht der Grünen müssten jetzt die staatlichen Investitionen nach oben geschraubt werden. „Deshalb schlagen wir einen Green New Deal vor: über Investitionen in den Umweltschutz lässt sich gleichzeitig viel fürs Klima und für wirtschaftliches Wachstum tun“, erklärt Kellner. Dafür müssten die Deutschen auch bereit sein, wieder Schulden aufzunehmen. „Das Festhalten an der Schwarzen Null halten wir für falsch“, so der Grüne. „Dieses Signal werden wir auch auf unserem nächsten Parteitag sehr deutlich setzen.“