Klimapolitik der CDU Andreas Jung soll der neue Töpfer werden
Die Union braucht ein neues Gesicht für den Klimaschutz und setzt auf den Politiker Andreas Jung aus Konstanz.
Die Union braucht ein neues Gesicht für den Klimaschutz und setzt auf den Politiker Andreas Jung aus Konstanz.
Berlin - Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer lassen bei jeder sich bietenden Gelegenheit seinen Namen fallen. Wenn es um das aktuell größte Projekt der unionsgeführten Bundesregierung geht, den Klimaschutz, vertrauen die deutsche Bundeskanzlerin und die CDU-Vorsitzende dieser Tage auf „Andreas Jung“ beziehungsweise „Andi Jung“, wie ihn die Parteichefin zusammen mit den meisten anderen nennt. Gerade erst hat „AKK“ von einer gemeinsamen Schwarzwaldwanderung erzählt, auf der sie mit dem Konstanzer Bundestagsabgeordneten nicht nur das ein oder andere Funkloch durchschritten, sondern auch die künftige deutsche Klimapolitik besprochen hat.
Er ist der Christdemokrat der Stunde, wenn es darum geht, die größte Regierungspartei auf die entscheidende Klimakabinettsitzung am 20. September vorzubereiten. Der 44-Jährige leitet seit dem Frühsommer den internen „Koordinierungskreis Klima“, der ein zwischen Bundestagsfraktion, Partei und Regierungsministern abgestimmtes Konzept erarbeitet. Jetzt, da nur noch gut zwei Wochen Zeit bleiben, eilt Andreas Jung deshalb von einem Sitzungssaal zum nächsten. Am Dienstagabend moderierte er im Konrad-Adenauer-Haus ein Fachgespräch zum Klimaschutz. Am Mittwoch und Donnerstag war das Gesetzespaket, mit dem die Bundesrepublik bis zum Jahr 2030 ihren CO2-Ausstoß wie versprochen reduzieren soll, Hauptthema einer Fraktionsklausur in Potsdam. Im Fokus der Fernsehkameras standen Merkel, Kramp-Karrenbauer, Fraktionschef Ralph Brinkhaus, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt – und Andreas Jung.
Das ist kein Zufall. In der Union sind sie spätestens nach der Europawahl zum Schluss gekommen, dass sie niemanden haben, der den Menschen draußen im Land als die christdemokratische Stimme fürs Klima gilt. Klar, sie haben Merkel, die mal als „Klimakanzlerin“ bezeichnet wurde, dann aber kam die große Finanzkrise, Euro- sowie Flüchtlingskrise folgten, und die Regierungschefin war mit anderem beschäftigt. Sie will jetzt wieder Klimakanzlerin werden, aber mit ihrem absehbaren Ausscheiden aus der Politik steht auch sie nicht mehr für die Zukunft. Die CDU-Spitze will daher den Chef der Südwest-Landesgruppe zu ihrem neuen Gesicht in der Klima- und Umweltpolitik machen. Er soll, wie es aus dem Umfeld Kramp-Karrenbauers heißt, „quasi der neue Klaus Töpfer werden“.
Ein bisschen peinlich ist Andreas Jung dieser Vergleich mit dem früheren Bundesumweltminister und langjährigen Chef des UN-Umweltprogramms höchstens, weil der Jurist zu den weniger eitlen Vertretern im Berliner Politikbetrieb zählt. Inhaltlich dagegen fühlt er sich geschmeichelt, wo das Thema Nachhaltigkeit ihn doch begleitet, seit er Anfang der neunziger Jahre in den Stockacher Ortsverein der Jungen Union eintrat und die städtischen Müllberge ins Visier nahm. Politisch geprägt wurde er vom damaligen Entwicklungsstaatssekretär Hans-Peter Repnik, der 1992 die deutsche Delegation beim wegweisenden UN-Umweltgipfel von Rio de Janeiro leitete.
Von ihm übernahm Jung im Jahr 2005 nicht nur das Direktmandat des Wahlkreises Konstanz, sondern auch die Überzeugung, dass Christdemokraten aus Südbaden parteiintern die Vorreiter in puncto Umweltschutz sein müssen, da der Bodensee und der Schwarzwald ihnen eine besondere Verantwortung übertragen. So ging Jung nicht nur gleich in den Umweltausschuss und leitete bald den Beirat für nachhaltige Entwicklung im Bundestag – er tat sich auch mit einer Handvoll Gleichgesinnter aus seiner Fraktion zusammen, als der Atomausstieg oder die aktuell gefassten Beschlüsse zum Klimaschutz in diesem Kreis noch unvorstellbar schienen. Die kleine Truppe wurde als „Töpfer-Kurs“ bezeichnet.
Wie das so ist, geht mit größerer Verantwortung im politischen Geschäft auch eine größere Belastung einher. Seine Frau und die beiden kleinen Kinder, mit denen er auf der Insel Reichenau lebt, sehen den Vater gerade seltener als zuvor. Neben der Arbeit am Klimakonzept der Union, die er zusammen mit dem CSU-Politiker Georg Nüßlein vorantreibt, steht jetzt auch noch die Haushaltswoche bevor. Da ist Andreas Jung ebenfalls gefordert, weil er sich vor knapp einem Jahr als Baden-Württemberger in der Pflicht sah: Volker Kauder war gerade von der Fraktionsspitze verdrängt worden und der zweitgrößte CDU-Landesverband stand plötzlich ohne Fraktionsamt da. Jung übernahm dann einen Stellvertreterposten und die Zuständigkeit für den Etat und die Finanzen. Es gibt etwa bei den Energiesteuern viele Querverbindungen zu seinem Lieblingsthema Klimaschutz. Dass er nun aber fast ganz offiziell „der neue Klimaexperte der CDU“ ist, wie es im Adenauerhaus heißt, freut ihn besonders – zumal in einer Zeit, da bei diesem Thema in der Union Dinge möglich sind, die lange undenkbar waren. „Das“, sagt Andreas Jung, „ist eine tolle Chance.“