Nach dem schwachen UN-Klimagipfel kann man sich fragen, ob aus dem internationalen Klimaschutz noch etwas wird. Das weiß natürlich niemand, doch der StZ-Autor Bernhard Pötter skizziert zwei Möglichkeiten: eine optimistische und eine pessimistische.

Stuttgart - Wie geht es weiter im internationalen Klimaschutz? Beim Klimagipfel in Doha ist ein Weltklimavertrag in Aussicht gestellt worden, doch die Inhalte sind völlig ungeklärt. Die Akteure im Klimaschutz wirken wie gelähmt, die Emissionen steigen. Die Zukunft der Klimapolitik hängt von sehr vielen Faktoren ab. Der Zug im Klimaschutz kann weiterbummeln, Fahrt aufnehmen oder entgleisen. Hier sind zwei mögliche Zukunftsszenarien: ein pessimistisches und ein optimistisches.

 

Das pessimistische Szenario: Wir fahren gegen die Wand

Der Weltklimavertrag, verabschiedet beim Klimagipfel 2015 in Paris, wird ein Formelkompromiss voller Schlupflöcher. Man genehmigt sich gegenseitig viel zu viele Emissionsrechte. Die Energiekonzerne setzen durch, dass sie Öl und Kohle weiter fördern dürfen. „Wir können nicht die Aktienbesitzer der Energiekonzerne um Billionen von Dollar enteignen“, erklärt der republikanische US-Präsident Paul Ryan.

Die USA und in der EU setzen in der Rezession weiter auf billige Energie, Indien auf heimische Kohle. China dominiert den Weltmarkt für erneuerbare Energien, aber soziale Unruhen und wilde Streiks drücken ab 2018 das Wirtschaftswachstum auf nur noch vier Prozent. Das verschlimmert die Krise. Das Politbüro wendet sich vom „grünen“ Fünfjahresplan ab und forciert den Bau von Kohle- und Atomkraftwerken.

In Deutschland bleibt die Energiewende stecken. Die EU versinkt in einer Rezession, als sich 2018 erst Italien und dann Frankreich aus dem Euro verabschieden. Die deutschen Exporte brechen ein, die Arbeitslosigkeit klettert auf 14 Prozent. Eine CDU/FDP-Regierung kommt mit dem Versprechen an die Macht, die Förderung der Offshorewindenergie zu stoppen. Die Klimaschutzziele der EU werden nach 2020 nicht erhöht. Die Grünen rutschen unter die Fünfprozenthürde.

2017 zieht sich das US-Militär wegen der vielen Hilfseinsätze im eigenen Land aus allen externen Operationsgebieten zurück. Eine schwere Sturmflut überschwemmt Shanghai und legt den chinesischen Börsenhandel für eine Woche lahm. Konflikte um Weideland und Zugang zu Wasser in der Sahelzone eskalieren. Zum Ende des Jahrhunderts ist es 3,5 Grad wärmer als heute. 2053 wird Sylt aufgegeben. Die Polizei räumt gewaltsam die letzten Besetzer des Restaurants Sansibar und schafft sie hinter die Deiche, welche die europäische Nordseeküste sichern.

Ein optimistisches Szenario: Wir schaffen es

Der Weltklimarat IPCC hält in seinem neuen Bericht fest, dass es kaum noch zu schaffen sei, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Unter diesem Schock verabreden am Rand der UN-Vollversammlung in New York die Staatschefs endlich Emissionsminderungen und finanziellen Hilfen für ärmere Länder. Die globalen Emissionen beginnen 2018 langsam zu sinken.

Bis 2015 haben grüne Investitionsprogramme die Eurokrise und den Niedergang der US-Wirtschaft aufgefangen. Der EU-Emissionshandel funktioniert und ist mit US-Staaten und chinesischen Provinzen verbunden. Die EU wird wieder handlungsfähig, weil SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Polen bei der Sanierung der Energiewirtschaft unterstützt. Die deutsche Energiewende macht Schule. Die US-Republikaner driften im Streit über die radikale Politik der Tea Party auseinander, die Demokraten machen den Weg frei für einen Klimavertrag.

China setzt im 13. Fünfjahresplan von 2016 an noch stärker auf erneuerbare Energien. Die Führung fürchtet die Anfälligkeit des Landes gegen Klimaschäden und bildet mit Indien, Brasilien und Südafrika eine Süd-Süd-Kooperation für Technologietransfer und Handel.

Weltweit schließen sich die Umweltbewegungen aus dem Norden, die Verteidiger der indigenen Rechte in Indien und Lateinamerika und die Bewegungen für Energiewende und Solidarität zusammen. Sie vernetzen sich über das Internet und begreifen den „fossil-industriellen Komplex“ als ihren Gegner. Sie treiben die Politik vor sich her. 2018 verkünden die EU, USA und China, die Subventionen für fossile Energien auslaufen zu lassen.

Trotzdem sind die Folgen des Klimawandels nicht zu verhindern. Bis Ende des Jahrhunderts steigt die globale Mitteltemperatur um 2,5 Grad. 2014 verwüstet der Wirbelsturm Sandy II New York während der UN-Generalversammlung.