Ein Anstieg der Ozeantemperatur um mehr als zwei Grad Celsius gegenüber heute könnte in der Antarktis zum Verlust des Eisschildes führen. Die Folge laut einer aktuellen Studie: ein Anstieg des Meeresspiegels um bis zu fünf Meter.
Bremerhaven - Ein Anstieg der Ozeantemperatur um mehr als zwei Grad Celsius gegenüber heute könnte in der Westantarktis und in Grönland zum Verlust des Eisschildes führen. Die Folge wäre das Abschmelzen des Eises und ein um drei bis fünf Meter höherer Meeresspiegel. Das haben Klimawissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven (AWI) errechnet. In einer Studie rekonstruierten sie den Eisverlust in der letzten Warmzeit vor 125 000 Jahren und zogen daraus Schlüsse auf mögliche künftige Entwicklungen.
Die Forschergruppe um Johannes Sutter und Gerrit Lohmann hat in Modellrechnungen ermittelt, dass eine künftige Erwärmung des Südlichen Ozeans die Stabilität des Westantarktischen Eisschildes erheblich stören und am Ende zu dessen Kollaps führen könnte. Mit dem Abschmelzen der Eismassen der Antarktis und Grönlands steigt der Meeresspiegel und bedroht Küstenregionen rund um den Globus. In einem der Modellszenarios wird angenommen, dass die Klimaerwärmung weitergeht wie bisher, die Menschheit den Ausstoß an klimaschädigenden Treibhausgasen also nicht merklich reduziert. Dann könnte sich der Kollaps der Westantarktis sehr schnell vollziehen, die westantarktischen Eismassen könnten in den nächsten 1000 Jahren komplett verschwinden.
Zuletzt kollabierten die Eismassen vor 125 000 Jahren
Die Antarktis am geografischen Südpol ist ein eisbedeckter Kontinent, umgeben vom südlichen Polarmeer, während die Arktis der im Winter größtenteils von Eis bedeckte, von Land umgebene Arktische Ozean um den geografischen Nordpol ist. Die Antarktis wird in das größere ostantarktische Festland und das kleinere, durch die Transantarktische Bergkette vom Osten getrennte Westantarktische Eisschild aufgeteilt. In der Westantarktis finden sich an den Ausläufern der Gletscher im Meer die großen Schelfeisflächen wie das Ronne-, Filchner-, Ross- und Larsen-Schelfeis. Als Schelfeis werden auf dem Meer liegende, mit dem Landeis verbundene Eisflächen bezeichnet.
Die Eismassen der Antarktis und Grönlands speichern etwa zwei Drittel der Süßwasserreserven der Erde. Aufgrund der Untersuchungen von Ozeansedimenten und Bohrungen im Eis vermuten die Forscher, dass die Eismassen der Westantarktis in einer der letzten Warmzeiten, dem „Last Interglacial/LIG“, kollabierten. In der letzten Warmzeit war die polare Oberflächentemperatur etwa zwei Grad Celsius höher als heute. Neue Erkenntnisse der Eisschilddynamik und Modellrechnungen lassen nun darauf schließen, dass durch die Erwärmung des Wassers zunächst das Schelfeis, das die Gletschersysteme der Westantarktis stabilisiert, zurückging. Dadurch gerieten die dahinter liegenden Eismassen des Inlandseises in stärkere Bewegung und flossen in den Ozean.