Angesichts von Klimawandel und Energiekrise blicken die europäischen Skigebiete besorgt auf die Wintersaison. Was man als Winterurlauber wissen muss.

Leben: Susanne Hamann (sur)

Wintersport ist ein energieintensives Vergnügen. Was Skigebiete tun, um Kosten zu sparen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

 

Gibt es noch genug natürlichen Schnee?

Um Skisport überhaupt noch zu ermöglichen, muss fast überall mit Schneekanonen nachgeholfen werden. Das kostet Energie und somit auch Geld. Die Wintersportorte würden gern Energie sparen. Doch nach eigenen Angaben haben sie ihr Sparpotenzial fast ausgeschöpft. Skifahren dürfte also noch teurer werden.

Schont man die Ressourcen genug?

„Wir unternehmen schon lange große Anstrengungen, um die Technik ressourcenschonender zu machen“, sagt Erik Wolf, Geschäftsführer des Fachverbands der Seilbahnen bei der Wirtschaftskammer Österreich in Wien. Dank Investitionen von jährlich 500 Millionen Euro hätten die Seilbahnen in Österreich den Energieverbrauch um 20 Prozent gesenkt, der Strom werde zu über 90 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt. Ähnliche Aussagen kommen aus Bern: „Moderne Beschneiungsanlagen sind sehr energieeffizient. Während in den 80er Jahren für die Produktion von einem Kubikmeter Schnee noch rund sieben Kilowattstunden Strom verbraucht wurden, bedarf es dazu heute nur mehr etwa einer Kilowattstunde. Die neueste Generation von Schneelanzen kommt sogar ohne Kompressoren aus, der nötige Wasser- und Luftdruck wird alleine durch das Gefälle und ausgeklügelte Düsen erzeugt“, heißt es beim Verband der Seilbahnen Schweiz.

Wie sieht die Energieeffizienz aus?

Da die technische Beschneiung ein gewichtiger Kostenfaktor sei, hätten die Unternehmen schon allein aus wirtschaftlichen Gründen großes Interesse an Energieeffizienz. Die Technik ist da sehr weit: Moderne Anlagen messen GPS-unterstützt die Schneehöhen auf den Pisten und produzieren nur dort Kunstschnee, wo es wirklich nötig ist. Außerdem würden Gebäude für die Gastronomie mit der Abwärme der Seilbahn geheizt, und Photovoltaikanlagen unterstützten die Versorgung.

Gibt es vorbildliche Skiorte?

Der Ort Laax im Schweizer Kanton Graubünden zeigt, was möglich ist. Das Skigebiet verfügt über viele Halfpipes und Freeride-Anlagen und ist auf eine junge Klientel spezialisiert, die besonders viel Wert auf Klimafragen legt. Daher hat Laax sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 die erste CO2-neutrale Alpendestination zu werden. Energie gewinnt man mehr und mehr aus erneuerbaren Energien wie Wasserkraft, Windkraft, Solarstrom und Biomasse. Pistenraupen fahren mit Hybridantrieb, die Gemeinde pflanzt neue Bäume. So soll Wintersport ohne schlechtes Gewissen möglich sein.

Was tut sich bei den Skiliften?

Obwohl schon viel getan wurde, stellen die Liftbetreiber in den Alpenregionen Überlegungen an, was man sonst noch tun kann: Lifte könnten langsamer laufen, Beleuchtung und Sitzheizung eingeschränkt werden. Zum Händewaschen in den Lifttoiletten wollen manche Gebiete künftig nur noch kaltes Wasser bereitstellen. „Wir versuchen weiter einzusparen, aber so, dass das Angebot erhalten bleibt. Wenn die Sitzheizungen ausbleiben, haben die Kunden dafür Verständnis. Aber nicht, wenn die Betriebszeiten der Lifte verkürzt werden“, sagt Erik Wolf vom österreichischen Seilbahnverband.

Was kritisieren die Umweltschützer?

Die Umweltschützer fordern ein generelles Umdenken. Richard Mergner, der Vorsitzende des Bunds Naturschutz in Bayern, sieht den Skizirkus in den bayerischen Mittelgebirgen schon lange kritisch. „Die Zeit ist nun mehr als reif, hier Einschnitte zu machen“, sagte Mergner gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Laut dem Bund Naturschutz könne ein Verzicht auf Beschneiung in Bayern in nur einem Winter zwölf Millionen Kilowattstunden Strom sparen, zudem Millionen Liter Wasser.

Was sagen die Liftbetreiber?

Der deutsche Seilbahn-Verband rechnet den Umweltschützern vor, die Bundesrepublik habe 2018 rund 556 Milliarden Kilowattstunden Strom verbraucht. Damit habe die Beschneiung in Bayern einen Anteil von nur 0,002 Prozent des gesamtdeutschen Stromverbrauchs. Für die Beschneiung werde zudem überwiegend die Nachtzeit genutzt, in der viele andere Verbraucher keinen Strom benötigen.

Sollte man die Skisaison in Richtung Ostern verschieben?

Eine Möglichkeit, Energie und Geld zu sparen, wäre, die Saison an die veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen. Das hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann angeregt. Es sei inzwischen klar, dass es im März kühler sei als im November, sagte der CSU-Politiker dem „Münchner Merkur“. Der Geograf Maximilian Witting von der LMU München sieht sogar eine Verlagerung der Saison von Weihnachten auf Ostern. Das bedeutet: Die für den Umsatz wichtigen Tage mit viel Schnee werden weniger und rutschen außerdem in eine unattraktive Zeit. Das sei für die Skigebiete wirtschaftlich herausfordernd. Wintertourismus trage viel zur Wertschöpfung in ländlichen Regionen bei. Ein Arbeitsplatz bei der Seilbahn sichere 5,1 Arbeitsplätze in der Region, sagt Birgit Priesnitz vom Verband Deutscher Seilbahnen.

CO2-Abdruck beim Skifahren

Anreise
Die meisten Wintersporturlauber reisen mit dem Auto an – weil sie viel Gepäck mitschleppen und weil die Bergdörfer weit entfernt von Bahnhöfen liegen. Je nach Berechnung geht man davon aus, dass 70 bis 80 Prozent der CO2-Emissionen beim Wintersport auf die Anreise entfallen. Hier gibt es somit das meiste Einsparpotenzial.

Autos
Nach Angaben der deutschen Seilbahnbetreiber benötigt eine Person pro Skitag im Schnitt 16 Kilowattstunden Energie – inklusive Seilbahn und Pistenpräparierung, aber ohne die Anreise. So viel verbrauche ein Mittelklassewagen für 22 Kilometer.

Fliegen
Die Kollegen aus Österreich kommen auf 18 Kilowattstunden pro Person und Tag und rechnen weiter: „Fliegt eine Person 8906 Kilometer von Wien in die Karibik, so könnte diese Person für den gleichen Energieaufwand in Österreich 105 Tage Ski fahren gehen und im Sommer von Juli bis September jeden Tag mit der Seilbahn für Wanderungen in die Berge gondeln.“