Der Gehalt der Treibhausgase in der Atmosphäre muss eigentlich schnell und drastisch runter. Doch er steigt immer weiter - allen Warnungen, Berichten und Konferenzen zum Trotz. Schaufelt sich die Menschheit ihr eigenes Gab?

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Die Konzentration der klimaschädlichen Treibhausgase in der Atmosphäre klettert von Rekord zu Rekord. Das wichtigste davon, Kohlendioxid (CO2), erreichte im vergangenen Jahr eine markante Marke: Die Konzentration lag 50 Prozent über dem vorindustriellen Niveau, hat die Weltwetterorganisation (World Meteorological Organization, WMO) am Mittwoch (15. November) in Genf berichtet.

 

So hohe CO2-Konzentrationen wie zuletzt vor fünf Millionen Jahren

In diesem Jahr hat sich demnach der Anstieg fortgesetzt. Auch die Treibhausgase Methan (CH4) und Lachgas (N2O) erreichten im vergangenen Jahr Rekordwerte. „Trotz jahrzehntelanger Warnungen der Wissenschaftsgemeinde, trotz Tausender Berichtsseiten und Dutzenden von Klimakonferenzen bewegen wir uns immer noch in die falsche Richtung“, warnt WMO-Chef Petteri Taalas.

So hohe CO2-Konzentrationen wie jetzt habe es zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren gegeben, schreibt die UN-Wetterorganisation. Da lag die Durchschnittstemperatur zwei bis drei Grad höher und die Meeresspiegel waren zehn bis 20 Meter höher. Laut WMO lag die CO2-Konzentration in der Atmosphäre im vergangenen Jahr bei 417,9 ppm (parts per million – Teilchen CO2 pro Millionen Teilchen), das ist ein Anstieg um 2,2 ppm im Vergleich zum Vorjahr.

CO2-Emissionen steigen ungebremst weiter

Ein schwarzer Kasten aus Plastik mit der Aufschrift „CO2-Ampel“ und drei je nach Luftzusammensetzung leuchtenden Smileys. Foto: dpa/Soeren Stache

Zwar flachte sich der CO2-Anstieg laut WMO im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2021 und dem zehnjährigen Mittelwert leicht ab. Das sei aber wohl auf natürliche Schwankungen zurückzuführen, heißt es seitens der WMO.

Die neuen Emissionen aus industriellen menschengemachten Aktivitäten würden weiter steigen. Und weil CO2 eine lange Lebensdauer hat, werde der schon jetzt eingetretene Temperaturanstieg noch Jahrzehnte anhalten – selbst dann, wenn die Emissionen schnell auf Null reduziert würden.

Extremwetter,Extremhitze, Eisschmelze

„Das derzeitige Niveau der Treibhausgase bringt uns auf einen Weg, der bis Ende des Jahrhunderts einen Temperaturanstieg weit über dem Ziel des Pariser Klimavertrags zur Folge hat“, erklärt WMO-Chef Taalas. „Das bedeutet mehr Extremwetter wie starke Hitze, Regenfälle und Eisschmelze.“ In den Meeren führe das zum Anstieg des Wasserspiegels, zu höheren Temperaturen und einer höheren Versauerung. „Es ist dringend nötig, den Verbrauch von fossilen Brennstoffen zu reduzieren.“

Trotz aller Warnungen kein Umdenken

,„Vor zunehmender Hitze, Dürre und dadurch Bränden sowie Starkregen und dadurch Überschwemmungen infolge der Erderwärmung durch den Treibhausgasausstoß warnen die Klimaforscher seit Jahrzehnten“, erläutert der Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Die Vorhersagen treffen ja auch schon seit vielen Jahren ein, wie die Messdaten belegen.“

Die Wetterextreme nähmen seit Jahrzehnten kontinuierlich zu, so Rahmstorf weiter. Dieser Trend könne sich fortsetzen. „Dieselben Extreme, die seit Jahrzehnten zunehmen, werden auch weiter zunehmen, solange die Welt nicht die Klimaneutralität erreicht hat.“ Dabei könnte es künftig sogar zu Ereignissen kommen, die es so in der jüngeren Vergangenheit noch gar nicht gegeben habe.