Gerichtlicher Erfolg für die Krankenhaus-Gesellschaft des Kreises: die Pforzheimer Arcus Kliniken dürfen Hausärzte nicht mehr separat für deren Vor- und Nachsorge vergüten.

Ludwigsburg - Der Konkurrenzkampf im Gesundheitswesen ist hart. So hart, dass Krankenhäuser sich sogar wegen ihrer Geschäftsmodelle gegenseitig verklagen. Seit mehr als einem Jahr liegt die Kliniken Holding der Landkreise Ludwigsburg, Enz und Karlsruhe (Regionale Kliniken Holding RKH) im Clinch mit den Arcus Kliniken. Die Pforzheimer Sportmediziner zahlen seit einiger Zeit gesonderte Prämien an niedergelassene Ärzte für die Vor- und Nachbehandlung von Patienten.

 

Die RKH-Leitung in Ludwigsburg sieht diese Zahlungen als illegale Fangprämien an, mit denen der Konkurrent möglichst viele Überweisungen von Patienten erkaufen wolle. Gemeinsam mit der Kliniken-Holding Südwest Böblingen/Sindelfingen hatte die RKH Klage eingereicht – und jetzt zumindest vorläufig Recht bekommen. Am Dienstag hat das Landessozialgericht in Karlsruhe beschlossen, dass die Arcus Kliniken umgehend mit diesen Zahlungen aufhören müssen. Andernfalls drohe ein Zwangsgeld von bis zu 250 000 Euro oder gar Haft von bis zu zwei Jahren.

„Unzulässige Überweisungs-Prämien“

„Wir sehen uns in unserer Auffassung bestätigt, dass es sich bei den Prämien um unzulässige Zahlungen für Überweisungen handelt“, teilt der RKH-Geschäftsführer Jörg Martin auf Anfrage mit. Es könne nicht angehen, dass Krankenhäuser mit solchen Zahlungen – es gehe pro Patient um maximal rund 300 Euro – Patienten akquiriere. Für eine Einweisung mit ärztlicher Stellungnahme bezahlt Arcus etwa 85 Euro, werden Röntgenbilder fällig, sind es 100 Euro. Kontrollen nach einer Operation – zum Beispiel Röntgenaufnahmen – sind den Arcus Kliniken 100 Euro wert. Für das bloße Fädenziehen, etwa nach dem Einsetzen einer künstlichen Hüfte, werden jeweils 60 Euro fällig.

Bei den Pforzheimer Arcus Kliniken zeigt man sich überrascht von dem Urteil der Stuttgarter Landessozialrichter. „Wir wurden dazu gar nicht angehört“, sagt Bernhard Rieser. Der Mediziner und Geschäftsführer verweist zudem darauf, dass es sich bei dem jüngsten Beschluss lediglich um eine einstweilige Verfügung handle. „Wir werden da in jedem Fall Berufung einlegen.“ Denn ein Jahr lang habe er vom Gericht nichts mehr gehört, nun komme plötzlich und ohne mündliche Verhandlung dieser Beschluss, „da bin ich schon bass erstaunt“.

Bauernopfer in größerem Streit?

Er sieht seine Kliniken als Opfer eines letztlich politischen Streits. Rieser verweist auf ein Rundschreiben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg vom März 2013. Darin heißt es, niedergelassene Ärzte erbrächten bei Vor- und Nachuntersuchungen für Operationen „Leistungen des Krankenhauses, die vom Krankenhaus damit zu vergüten sind“. Der Bundesgesetzgeber habe es schlicht versäumt zu regeln, wer für solche Maßnahmen die Kosten zu tragen habe, sagt Rieser. Nun tobe ein Streit zwischen der KV und der Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg, die eine derartige Vergütung durch die Kliniken strikt ablehnt.

Seine Häuser seien letztlich die Leidtragenden. Immerhin empfiehlt die KV ihren Ärzten, man könne Patienten von Krankenhäusern, mit denen man sich nicht finanziell einigen könne, „an das Krankenhaus zurückverweisen“. Doch die Arcus Kliniken seien mit 50 kassenärztlich abrechenbaren Betten nicht dafür ausgerichtet, vor- und nachstationär Behandlungen zu erbringen. Hier drohe „ein Streit auf dem Rücken der Patienten“ ausgetragen zu werden. Also habe man sich für einen pragmatischen Weg entschieden: die Arztprämien selbst zu bezahlen. Diese seien an den jeweiligen Kassensätzen orientiert.

„Vorwürfe sind völliger Unsinn“

Der Vorwurf, dadurch mehr Patienten anziehen zu wollen, sei „völliger Unsinn“, sagt Rieser. Mehr als die maximale Zahl von rund 18 000 Bettenbelegungen pro Jahr könnten seine Kliniken gar nicht abrechnen. Die Häuser seien bereits voll ausgelastet.

Das jüngste Urteil sei „allenfalls der Beginn eines Schlagabtauschs“. Ein Hauptverfahren in dieser Sache gebe es noch gar nicht. Am liebsten sei ihm aber die Variante, dass der Gesetzgeber die strittige Finanzierungslücke schließt, sagt Rieser: „Das würde uns 750 000 Euro pro Jahr sparen.“