Dem Singener OB Oliver Ehret (CDU) kann es nach dem gescheiterten Bürgerentscheid in seiner Stadt nicht schnell genug gehen. Nach dem Bürgerentscheid zur Fusion der Klinik mit den Konstanzer Kollegen soll der Gemeinderat jetzt rasch entscheiden.

Singen - Dem Singener Oberbürgermeister Oliver Ehret (CDU) kann es nach dem gescheiterten Bürgerentscheid in seiner Stadt nicht schnell genug gehen. Schon am Dienstag will er im Gemeinderat den Zusammenschluss des von Singen beherrschten Klinkverbundes Hegau-Bodensee-Hochrhein (HBH) mit den Konstanzer Krankenhäusern bestätigen lassen.

 

Jedoch hat Ehret in der offiziellen Einladung, die jeden Mittwoch im städtischen Amtsblatt erscheint, diesen Punkt gar nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Die beim Bürgerentscheid unterlegenen Fusionskritiker haben darum vorsorglich beim Regierungspräsidium Freiburg Widerspruch eingelegt. Sie monieren, ein entsprechender Beschlussvorschlag sei nicht rechtzeitig veröffentlicht worden.

Ehret beruft sich auf eine Floskel, nach der die Bürger Änderungen der Tagesordnung „dem Aushang im Rathaus“ entnehmen sollen. Dort sei der Punkt auf der Tagesordnung vermerkt. Außerdem sei die Presse „ordentlich eingeladen worden“. Die in dem Verein „Pro Singen“ zusammengeschlossenen Kritiker wollen dies nicht gelten lassen und verweisen auf einen Passus in Paragraf 34 der Gemeindeordnung, nach dem „Zeit, Ort und Tagesordnung der öffentlichen Sitzungen rechtzeitig ortsüblich bekanntzugeben“ sind. Dies erfolge immer im amtlichen Mitteilungsblatt, was dieses Mal so nicht geschehen sei. Das Regierungspräsidium Freiburg wollte zunächst keine Stellungnahme abgeben.

Frist bis 31. August

„Der Bürger soll doch vorher erfahren, dass so ein wichtiger Beschluss gefällt werden soll“, begründet Ulrich Götz von Pro Singen die Initiative. Der Leiter des Vermessungsamtes der Stadt Villingen-Schwenningen plädierte dafür, der Gemeinderat möge den Beschluss „in Ruhe überdenken“ und keine „vorschnellen Entscheidungen“ treffen. Allerdings gebe es wohl allein Grund für Eile bei der Stadt Singen. Damit die Fusion noch rückwirkend zum 1. Januar 2012 gilt, müssen sämtlichen Verträge bis zum 31. August unterschrieben sein. „Es wäre aber besser, die Gemeinderäte ließen sich mehr Zeit“, sagte Götz weiter. Er verwies auf das „klare Votum gegen eine Klinikfusion“ und betonte: „Wir sehen uns klar als die Gewinner.“ Im April hatte der Gemeinderat mit 24 zu 14 Stimmen pro Fusion votiert.

Bei dem Bürgerentscheid am Sonntag hatten die Kritiker der Fusion von HBH mit den Konstanzer Kliniken zwar 6653 Stimmen auf sich vereinigen können, aber mit 19,6 Prozent der Stimmberechtigten das nach der Gemeindeordnung erforderliche Quorum von 25 Prozent oder 8466 Stimmen um 1813 Stimmen verfehlt. Die Befürworter hatten 3252 Stimmen erzielt. Rund 33 000 Stimmbürger waren zum Urnengang aufgerufen, aber nur 29,4 Prozent hatten abgestimmt.

Viel Geld, wenig Anteile

Der Bürgerentscheid sollte den Gemeinderatsbeschluss vom 24. April in Singen aufheben. Davor war die Klinikfusion bereits vom Gemeinderat von Konstanz und vom Kreistag beschlossen worden. Die Fusionskritiker hatten die Entscheidung angegriffen, weil diese Lösung ihrer Ansicht nach der Stadt Singen in der künftigen Klinikholding kaum noch Einflussmöglichkeiten bieten und zudem einseitig Konstanz bevorzugen würde. In der neuen kreisweiten Klinikholding würde zwar der Kreis mit 52 Prozent die Mehrheit übernehmen, aber nur 520 000 Euro Kapital einbringen. Singen brächte hingegen 43 Millionen Euro an Vermögenswerten ein, Konstanz 38 Millionen Euro. Beide Städte sollen aber nur je 24 Prozent der Anteile bekommen.

Ein kommunaler Klinikverbund entsteht

Beide Gesundheitskonzerne sind hochverschuldet. Singen drücken Verbindlichkeiten von 65 Millionen Euro, Konstanz hat rund 21 Millionen Euro Schulden. Operative Gewinne allein macht trotz Krise nur das Krankenhaus Singen – 2012 rund 3,5 Millionen Euro. Die nächsten fünf Jahre werden mehr als 20 Millionen Euro erwartet. Geld, von dem Veronika Netzhammer, Wortführerin der Kritiker glaubt, dass es gebraucht wird, um den Klinikstandort Konstanz aufzupäppeln.

Mit der Fusion entstünde im Kreis Konstanz ein kommunaler Klinikverbund mit 1026 Betten, rund 2600 Mitarbeitern und 176 Millionen Euro Jahresumsatz.

Schwierig, darin sind sich die Kritiker wie die Befürworter der Fusion einig, wird das künftige Miteinander im Gemeinderat von Singen. Der Riss geht mitten durch das Gremium, das zerstritten ist wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Denn das emotional hochbesetzte Thema teilt fast alle Fraktionen in Gegner und Befürworter. Durch welche Maßnahmen Oberbürgermeister Ehret den Rat wieder befrieden will, ist nicht zu erkennen.Einstweilen bringt er die Kritiker weiter wieder gegen sich auf, indem er versucht, schnell eine erneute Bestätigung der Klinikfusion zu erhalten.